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folgen, und sie nie dort aufzusuchen, wenn sie auch mehrere Tage ausbleiben sollte.

Einst harrte ihrer der junge Hirt vergebens zwei lange Tage hindurch. Beim Frühroth des dritten konnte er’s nicht länger ausdauern. Die Sehnsucht nach der Geliebten zog ihn zu dem See hin.

Alles um ihn her war still und öde. Er sah nichts. Traurig setzte er sich an’s Ufer, und rief laut ihren Namen. Da vernahm er ein Aechzen tief unten im Schooße des dunkelschwarzen Gewässers, und plötzlich färbte sich dieß blutroth.

Den Knaben ergriff ein kalter Schauder – „sie ist todt!“ – rief er aus, eilte weinend nach Hause, und – starb.

Auf Kinder und Kindeskinder pflanzte die Güte der wohlthätigen Geister des See’s sich fort, bis einst die Enkel, ohne es zu wollen, sie verscheuchten. Oefter hatten nämlich schon die Bewohner des Thals die nächtlichen Gäste

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/295&oldid=- (Version vom 1.8.2018)