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von Reichthümern, so daß die Alte es einging, das Kind mit dem ersten Mondwechsel ihr zuzuführen.

„Komm!“ sprach sie einst an einem schwülen Sommerabend zu Theodiska, die still vor sich hinsehend vor der Thür des Hauses saß, „komm, laß uns nach der schwimmenden Insel hinwandeln, dort ist’s kühl und erquickend. Ich will dir mein Mutterherz öffnen, denn ich fühle, daß mich bald das Grab umschließen wird.“

Theodiska hatte lange nicht die Mutter so herzlich sie anreden hören. Sie folgte ihr daher unbefangen und voll Hoffnung, vielleicht eine frohe Kunde zu hören. Aber die Mutter ging in sich gekehrt voran, sprach wenig, und war düster im Blick, bis sie am Ufer des See’s ankamen, in dessen klarer Fläche das halb verhüllte Mondlicht sich spiegelte, und rings umher eine schauerliche Stille herrschte.

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Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/353&oldid=- (Version vom 1.8.2018)