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mit den zwei belegten Butterbroten näher vor seinen Platz am Tische schob.

Gerhard, ein wirklich auffallend hübscher Mensch, dem in seinem gutsitzenden blauen Jackettanzug, der tadellos weißen Wäsche und dem schwarzseidenen Bindeschlips niemand den einfachen Schlossergesellen ansah, machte eine beruhigende Bewegung mit der Hand.

„Rege Dich nicht auf, Mutter,“ sagte er, sich die eine Brotschnitte mit Messer und Gabel zerteilend. „Vater wird mich von meinem Vorhaben doch nicht abbringen. Gestern abend hat Norgard mich ganz eingehend im Französischen geprüft und war sehr zufrieden mit mir. Ich schaffe das Einjährigen-Examen bestimmt, meinte er. Nur im Englischen hapert es noch hie und da. Deswegen wünschte ich auch, ich würde meines Armes wegen noch zwei Wochen auf der Krankenliste bleiben. Dann könnte ich auch die Lücken im Englischen ausfüllen.“

Mutter Sicharski, eine korpulente, peinlich sauber gekleidete Frau mit grauem, gescheiteltem Haar, hatte ihren Staublappen wieder zur Hand genommen und fuhr damit über die Tasten des Pianinos hin, so daß Töne von aufdringlichem Mißklang das für eine Portierwohnung recht geschmackvoll eingerichtete Zimmer erfüllten. Dann wandte sie sich wieder dem Sohne zu.

„Was meinst Du eigentlich, Gerhard,“ fragte sie mit leichter Verlegenheit, „ob zwischen Trude und Herrn Norgard sich nicht so etwas wie eine – eine Liebschaft anspinnt?“

Der junge Schlosser lachte hell auf. „Mutting, weiß der Himmel, überall witterst Du künftige Ehen! – Nein, wenn Norgard auch sehr liebenswürdig zu Gertrud ist, die Gedanken schlage Dir nur aus dem Kopf. Auf meinen Freund Norgard – ich bin stolz darauf, daß ich ihn so nennen darf, hat schon eine andere abonniert, wenn ich so sagen darf, und zwar Fräulein

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)