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meinte bie Gräfin, die Hand ihrer jüngsten Tochter aufmunternd drückend.

Beatrix zögerte. Ganz sicher war sie doch nicht, wie die Mutter über ihren merkwürdigen Plan denken und wie sie dessen Vorgeschichte auffassen würde.

„Ich möchte Dir einmal eine kleine, harmlose Novelle erzählen,“ begann sie diplomatisch. „Darf ich?“

„Aber gewiß,“ erwiderte Frau v. Sarma etwas erstaunt. Sie ahnte jedoch schon, daß Beatrix wieder irgend etwas besonderes im Schilde führte. Wenn sie ein Gespräch so auf Umwegen einleitete, steckte stets noch eine bisweilen nicht gerade angenehme Überraschung dahinter.

„Es war einmal ein junges Mädchen,“ begann Beatrix vorsichtig jedes Wort abwägend.

„Das dürftest wohl Du selbst sein, Wildfang,“ unterbrach die Gräfin sie lächelnd.

„Bitte, Mama – dann komme ich nie zu Ende, wenn Du derartige Zwischenbemerkungen machst. – Also es war einmal ein junges Mädchen, das wohnte mit ihren vornehmen Eltern erst kurze Zeit in einer Hafenstadt in einem neuen, modernen Hause. Dieses Haus hatte auch einen Fahrstuhl. Aber das kleine Fräulein durfte ihn nur benutzen, wenn von den Portiersleuten jemand mitfuhr. So hatte es der gestrenge Vater befohlen, da er fürchtete, seinem Töchterchen könnte in dem Aufzug ein Unglück zustoßen. Eines Tages nun kam das Fräulein, als es erst zwei Wochen in dem neuen Hause wohnte, mit Paketen beladen heim und war sehr, sehr müde. Und deshalb wollte es sich die Treppen sparen, klopfte bei dem Portier an und ließ sich dann von dem Sohne des Portiers, der gerade in der Loge anwesend war, nach oben fahren. Das Unglück wollte es nun, daß zwischen der ersten und zweiten Etage die Sicherungen des elektrischen Antriebes durchbrannten und die beiden mit dem Fahrstuhl

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)