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haben. Ich durfte nicht kommen. Morgen früh verreise ich auf ein halbes Jahr. Behalten Sie mich in gutem Andenken, wie auch ich dies tun werde. Und: alles Gute wünsche ich Ihnen für die Zukunft. Mögen Sie viel, viel Glück bei dem haben, was Sie erstreben. – Adieu, lieber Freund, ich werde auch fernerhin Ihr guter Engel bleiben, wie Sie mich so oft genannt haben. Und hin und wieder soll ein kurzer Kartengruß Ihnen mitteilen, wie es geht Ihrer

Trix v. S.“     

Lange saß Gerhard Sicharski zusammengesunken da in seinem einfachen Holzstuhl mit dem gestickten Rohrgeflecht. Lange sann und grübelte er über den Inhalt dieser Zeilen nach. – War dies vielleicht ein Abschied für immer? War dies das Ende aller seiner Hoffnungen, in denen Beatrix eine so große Rolle gespielt hatte? Hatte sie vielleicht mit einem Male eingesehen, daß der – der einfache Kunstschlosser doch nie und nimmer zu ihr passen würde?! – Nein – nein! Nie und nimmer besagten das diese Abschiedsworte! Da stand ja so klar und deutlich: „Ich werde auch fernerhin Ihr guter Engels bleiben.“

Plötzlich war aller Kleinmut aus Gerhards Herz geschwunden. Fast zärtlich faltete er den Brief wieder zusammen, schob ihn in den Umschlag und barg diesen in seiner Brieftasche. Und dann trat er ans Fenster, öffnete es und schaute hinüber nach der zweiten Etage des Vorderhauses. Doch Beatrix war nirgends zu erblicken. Trotzdem ging Gerhard nachher frohen Herzens in die Wohnung seiner Eltern hinab. Dort traf er seine Schwester Gertrud an, eine Blondine mit einem sanften, gütigen Gesicht, die nun seit einem Jahr, eben seit sie bei der Firma Jakob u. Sohn Buchhalterin geworden war, bei einer älteren Dame in der

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)