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Soeben hatte der Sanitätsrat sich nach der gewohnten Tagesvisite verabschiedet. Und Margot überdachte nun in Gedanken nochmals den Bescheid, den der alte Herr ihr heute gegeben hatte.

„Wenn ich wirklich ganz ehrlich sein soll, liebes gnädiges Fräulein,“ hatte er gesagt, „so dürfte die Wahrheit Sie ziemlich hart treffen. Der verletzte Fuß wird etwas kürzer werden, wie der andere, nicht viel, aber – hm, ja, so ein wenig hinken werden Sie doch. Und die Verletzung über dem rechten Auge, dieser Hautriß, da kann auch so eine kleine Narbe zurückbleiben. – Das ist die Wahrheit.“

Und dann war er gegangen.

Nun lag sie still in den Kissen und grübelte und grübelte. Also lahm war sie. Und ihre schöne Stirn würde auch für alle Zeit verunstaltet sein. – Ein heimlicher Haß gegen den Mann, dem sie dieses Schmerzenslager zu verdanken hatte, keimte plötzlich in ihr auf – daß auch gerade ihr, ihr das passieren mußte. Sie ahnte schon im voraus die schadenfrohen Blicke der lieben Bekannten, wenn sie zum ersten Mal sich wieder öffentlich zeigen würde, hinkend – hinkend! Ein Glück nur, daß Gustav Burmeester wenigstens heil davongekommen war. Er hatte nun viel, unendlich viel an ihr gut zu machen. Und daher würde er sich noch gefügiger ihren Wünschen gegenüber zeigen, als dies ohnehin der Fall gewesen wäre. Verwöhnen tat er sie ja jetzt schon wie eine Prinzessin aus Märchenland. Täglich schickte er ihr die prächtigsten Blumen zu, verwandelte ihr Schlafgemach in einen Zaubergarten. –

Ein Klopfen an die Tür störte sie in diesem unerfreulichen Sinnen. Thomas Bellersen, ihr Vater, war’s, der jetzt eintrat, mit vor Aufregung gerötetem Gesicht und einem Zeitungsblatt in der Hand.

„Morgen, Kind,“ platzte er heraus, ohne sich auch

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Walther Kabel: Gräfin Trixchen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gr%C3%A4fin_Trixchen.pdf/91&oldid=- (Version vom 1.8.2018)