Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 097.jpg

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Kopf ab und bat den Richter, ihn auch so zu treffen. Das Sünderglöcklein tönte von Neuem und ein rascher Hieb trennte seinen Kopf von den Schultern. „Hab ich’ recht gerichtet?“ rief der Henker. „Recht!“ sprach der Richter. „Aber es war zum letzten Mal!“ entgegnete der Henker, „kein unschuldig Blut soll fürder dieses Schwert beflecken!“ – Mit diesen Worten brach er sein Schwert mitten entzwei und begrub es mit dem armen Sünder. Dieser aber fand keine Ruhe im Grabe und macht noch jetzt in der Geisterstunde mit seinem Roß die Runde um den Galgenberg, beide ohne Kopf, wie manches Sonntagskind erzählt, das sie gesehen hat.


705) Sage von einem alten Brauburschen zu Brambach.
Bearbeitet von Julius Schanz, metrisch behandelt von Fr. Rödiger.

Zu Brambach am Markte stand einst ein Brauhaus und davor ein großer Wasserbottich. Einst sprach daselbst ein Braubursche ein, um das Handwerk zu begrüßen und einen Trunk zu begehren, da ihn sehr dürstete. Der Meister aber, der eben die Maische rührte, rief hohnlachend: „Ein klopfender Stromer muß etwas vertragen können!“ – Das verdroß den Wanderer sehr, und er sann auf Rache. Scheinbar ruhig sagte er: „Kann schon eine Weile warten!“, legte Bündel und Rock im Brauhaus nieder und ging in den Garten, um sich ein Kraut zu pflücken, mit dem er dem Braumeister das Bier verderben wollte. Dann kam er wieder in’s Brauhaus und erbot sich gegen diesen, an seiner Statt die Maische zu rühren. Das war dem Meister eben recht, denn er hatte etwas im Dorfe zu besorgen und übergab deshalb dem Burschen sofort den Rührpfahl. Ehe ihm die Frau Meisterin das Frühstück brachte, hatte er bereits seinen Hocuspocus gemacht und das Kraut unter die Maische gethan, und als nun die Frau Meisterin kam, rief er ihr lachend entgegen: „das Bier wird gewiß recht steigen, das ich euch braue, denkt an mich!“

Er verabschiedete sich, nachdem er sein Frühstück verzehrt, und der Meister ließ nach seiner Rückkehr das Bier unbedenklich

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_097.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)