Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 168.jpg

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ihr eigen dazu erwählter Postbeamter öffnete solche mit einem zweiten Schlüssel, nahm den Inhalt heraus und legte die angekommenen hinein und so wußte nur dieser, der aber ihr Geheimniß nie verrieth, mit wem sie brieflich verkehrte.


776) Eine Teufelsdohle besucht die Oberlausitzischen Stände.
S. Haupt Bd. I. S. 156.

Als in Böhmen der 30jährige Krieg ausgebrochen war, hielten die Lausitzer Stände eine Zusammenkunft zu Budissin um zu berathen, wie sich das Land in solchen Kriegsläuften zu verhalten habe. Als sie nun so dasaßen und sich beriethen, klopfte es an’s Fenster, und siehe da, eine Dohle sitzt davor und pickt mit ihrem Schnabel an die Glasscheiben. Als man nun das Fenster geöffnet, ist das wunderliche Thier in das Zimmer gehüpft und hat ganz vernehmlich gekrächzt: „Ihr Herren, was macht Ihr da?“, ist dann etliche Male im Zimmer auf- und abgegangen und endlich wieder zum Fenster hinausgeflogen. Darüber sind die Herren gewaltig erschrocken und haben es gleich für eine böse Vorbedeutung gehalten.


777) Die Saufgespenster.

S. Haupt I. S. 158 fgg. Nach Er. Francisci Höllischem Proteus S. 649 fgg. (Nürnberg 1695. II. A.) erzählt v. Pröhle, Deutsche Sagen N. 52, S. 90 (Berlin 1863).

Anno 1556 am Sonntage Judica oder dem schwarzen Sonntage hat ein junger Edelmann in der sächsischen Oberlausitz des Teufels Anfechtungen folgendermaßen erfahren müssen.

Nachdem er mit etwa neun oder zehn andern Edelleuten in einem nahe gelegenen Dorfe die Kirche besucht, ist er von zweien seiner Kameraden, welche daselbst einen Edelhof besaßen, nebst den andern zum Mittagsmahl geladen worden, wo man denn alsbald angefangen hat, tapfer zu zechen und einander „mit halben“ zuzutrinken. Wie nun unter jungen Leuten solches Zechen selten friedlich endet, so erhob sich auch hier zwischen zweien der Gäste ein Streit um ein Glas Bier,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)