Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 260.jpg

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finden, brachten ihm wirklich eine mit, und erlaubten ihm ebenfalls mit zu jener Hochzeit zu gehen, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, bei Tische ja von den Ueberbleibseln nichts mit sich zu nehmen, wenn er sich nicht ihren Zorn zuziehen wolle. Uebrigens ließen sie ihm in Rücksicht des Essens und Trinkens völlige Freiheit. Der Bauer ging mit und ließ sich völlig unsichtbar Alles wohlschmecken. Als der Schweinebraten an die Reihe kam, konnte er aber doch der Lust nicht widerstehen, ein Stückchen für seine Frau und Kinder einzustecken, doch kaum war es geschehen, so riß ihm ein Zwerg das Mützchen vom Kopfe, und er saß nun den Hochzeitsgästen sichtbar mit unter ihnen in seiner Alltagskleidung am Tische. Man staunte nicht wenig, und als er die Ursache des Mitkommens, und daß auch noch Zwerge zwischen jeden zwei Gästen säßen, erzählt hatte, war es den letzteren erklärlich, daß jede Schüssel immer so bald ausgeleert und auf der Hochzeit so äußerst viel gegessen worden sei. Doch der Hausvater zürnte nicht, bat vielmehr den Bauer auch für den andern Tag zu Gaste, und obwohl dies nicht bei den Querxen geschehen war, so merkte man dennoch ihre Gegenwart an dem wiederum sehr sichtlichen Abnehmen der aufgetragenen Speisen.

Uebrigens waren die Querxe nicht immer so begehrlich und gewinnsüchtig, sondern ihre Besuche waren bisweilen vortheilhaft für die Bewohner eines Hauses, z. B. wenn sie sich bei Taufgastmählern und überhaupt in Wochenstuben einstellten, dann drängten sie sich nicht als ungebetene Gäste zu den Tischen hin, sondern hielten, wenn auch vielleicht nicht für Alle, doch wenigstens für die Wöchnerin sichtbar, ihr eigenes Mahl, entweder unter dem Ofen oder unter dem Bette der Wöchnerin, wo man sie, um die Wöchnerin nicht etwa Gefahren auszusetzen, gern ungestört und in Ruhe ließ. Sie waren auch wohl höflich und brachten der Wöchnerin etwas von ihren Eßwaaren, z. B. einen Zwieback, zum Geschenk in’s Bette. Einst hörte eine Wöchnerin, die noch das Bett hütete, und eben allein in der Stube war, plötzlich ein

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_260.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)