Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 273.jpg

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vom Schicksal zur Erhebung des Schatzes Bestimmte hat nun in der Nacht von Petri Kettenfeier sich auf die oben angegebene Landstraße von Budissin hinter dem Dorfe Postwitz zu begeben, einen schwarzen Kater, eine schwarze Schlange und einen schwarzen Hahn allda zu schlachten, das Blut mit Bilsenkrautasche zu vermischen, sich damit Gesicht und Hände zu waschen, und dann dreimal die Zauberformel nach der Burgruine zu auszusprechen. Hierauf wird ein Wunder geschehen und Alles, was ihm befohlen wird, muß er verrichten, wenn er nicht den Schatz wieder verschwinden oder gar sich gemißhandelt oder verstümmelt sehen will.

Noch ist der Schatz nicht gehoben, trotzdem, daß zweimal Versuche dazu gemacht worden sind, die aber beide schlecht abliefen.

Im Jahre 1602 wagte es ein Bauer mit Hülfe seines Sohnes diesen Schatz zu heben, und begann auch die Beschwörung, welche nach Aussage seines Sohnes in so weit glückte, daß sich der Berg öffnete und der Kessel sichtbar wurde, allein da der gute Landmann von der Zauberformel etwas vergessen hatte, oder dieselbe nicht gehörig aussprach, erschien ein schwarzer furchtbarer Ritter mit blutrothem Helmbusche, Feuer flackerte aus der Erde und eine schauderhafte Stimme rief: „Wehe, wehe Dir und Deinen Thaten!“ Ein Donnerschlag erfolgte, der Schatz verschwand, der Sohn ergriff die Flucht, und den Vater fand man am andern Morgen mit umgedrehtem Halse und schwarzem Gesicht in dem sogenannten Schloßgarten entseelt liegen.

Im Jahre 1607 ward ein zweiter Versuch gemacht durch einen gewissen Karl Lende aus Budissin, einen jungen Mann, der auf leichte Weise zu Reichthum und Ansehen gelangen wollte. Allerdings war er erst 18 Jahre alt, allein da seine Geburt wirklich in der Nacht vom 22. zum 23. Februar erfolgt war, er auch in der letztvergangenen Christnacht die fragliche Zauberformel geträumt und sich wohl eingeprägt hatte, so ging er muthig ans Werk. Einen schwarzen Kater, eine schwarze Schlange und einen schwarzen Hahn hatte er

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_273.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)