Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 312.jpg

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10) Die Flasche zu Altenburg.

Als Wahrzeichen der Stadt Altenburg galt sonst der an der Schloßmauer gegen Mitternacht zu stehende dicke runde Thurm, der wahrscheinlich von seiner Form die Flasche hieß. Er schien beinahe neunhundert Jahre alt zu sein, und rührte vielleicht noch von Kaiser Heinrich I. her. Wahrscheinlich war er ein Luginsland gewesen, denn bis zum J. 1561, wo er wieder zu Gefängnissen eingerichtet und mit einem Knopf und Schieferdach versehen ward, war er oben offen gewesen, gleichwohl soll er auch zum Burgverließ gedient haben.


11) Anzeichen beim Einsturz des Kirchthurms zu St. Bartholomäi in Altenburg 1659.
S. Meyner a. a. O. S. 177 fgg.

Im J. 1659 war D. Joh. Christfried Sagittarius Generalsuperintendent zu Altenburg. Nun hatte der eine Thurm der Bartholomäikirche nach der Superintendur zu schon längere Zeit in der Mitte einige Sprünge gehabt, die aber immer mit Kalk waren zugemacht worden, da zeigte sich plötzlich ein größerer Riß, allein die Bauverständigen sahen keine Gefahr dabei und man fing von Neuem an, denselben wie früher zu repariren. Gleichwohl hieß es auf einmal in der Stadt, der Superintendent wolle ausziehen, ohne daß derselbe je daran gedacht hatte, und sein dreijähriges Söhnchen rief mehrere Male laut: „daß Gott erbarme, der Thurm fällt ein“, so daß der Superintendent die andern Kinder zur Rede stellte, als hätten sie dem unverständigen Kinde so etwas vorgeredet, was jedoch nicht der Fall war. Am 19./20. Febr. fing dasselbe Kind, welches noch in der Wiege lag, auf einmal an zu singen: „ach wie flüchtig, ach wie nichtig! etc.“ und als der Vater sein Schwesterchen fragte, wer das Kind dies gelehrt, hörte er, daß dieselbe diese Verse ihrem Brüderchen mehrmals beim Schlafengehen vorgesungen hatte. Den Sonntag Nachts gegen 1 Uhr ohngefähr lautete es an dem kleinen

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)