Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 348.jpg

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Einst überfielen dort Räuber einen einsamen Wanderer, hieben ihm die Hand ab und raubten ihm dann Gut und Leben. Sein Leichnam liegt unter der Fichte, die Hand aber kann keine Ruhe finden, bevor sie sich nicht wieder zum Körper gefunden hat, von dem sie getrennt wurde.


37) Die Gespensterhochzeit im wüsten Dorfe Scortowe.
S. Greß. a. a. O. S. 35 fgg.

Es hat einmal im Schortenthale bei Eisenberg ein Wendendorf gestanden, Scortowe genannt, dies ist aber jetzt eine wüste Mark geworden und nichts ist mehr von ihm zu sehen. Früher hat man aber dasselbe manchmal an gewissen Tagen des Nachts stehen sehen.

Nun lebte aber vor langen Jahren ein Mädchen aus Salzburg, die dort mit andern Protestanten ausgewandert war, als Dienstmädchen bei wohlthätigen Leuten, die sie zu sich genommen hatten. Diese ward nun eines Abends, als es schon dunkel war, fortgeschickt, um noch Futter für’s Vieh aus dem Schortenthale zu holen und da sie sich nicht fürchtete, machte sie sich auf und ging durch den abendstillen, rauschenden Wald nach der Wiese im Schortenthale, wo sie sonst gewöhnlich Gras zu holen pflegte. Doch anstatt der Wiese erblickte sie ein altes ihr unbekanntes Dorf, dessen Namen sie nie gehört und welches sie früher hier niemals gesehen hatte. Aus den kleinen altmodischen Häusern flimmerte Licht, sie trat also an das erste beste erleuchtete Fenster, klopfte an und fragte nach dem Wege und wo sie sei und bat auch, da sie hungrig und durstig sei, um ein Stückchen Brod und einen Trunk Wasser. Ein alter Mann mit weißem Bart und in seltsamer Tracht öffnete das Fenster und hieß das Mädchen eintreten. Aengstlich folgte sie seiner Aufforderung und trat in die niedrige Stube, in welcher eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft versammelt zu sein schien. Bescheiden grüßte sie die Anwesenden, doch nahm Niemand von ihr Notiz als der alte Mann, der sie niedersetzen hieß und ihr

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_348.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)