Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 360.jpg

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Das Zeugniß der reinen Wahrheit von den Sonder- und wunderbaren Wirkungen eines insgemein sogenannten Kobolds oder Unsichtbaren Wesens in der Pfarrwohnung zu Gröben nebst einem zur Prüfung übergebenen Versuch, wie weit in der Erkäntniß dieser Sache zu gelangen. Jena 1723 in-4°. Unterricht wie man Gespenster und Gespenster-Geschichte prüfen soll: gewiesen durch nöthige Interrogatoria zu dem Zeugnisse der reinen Wahrheit Herrn Jer. Heinischen, Predigers zu Gröben etc. o. O. Raptim 1723 in-4°. (S. a. Greß a. a. O. S. 66 fgg.)

Zwischen der alten Universitätsstadt Jena und dem Altenburger Waldstädtchen Roda liegt am Fuße der sogenannten Wölmse in einer weiten Ebene das Dörfchen Gröben. Leider aber ist das Pfarrhaus desselben lange Zeit der Wohnsitz eines Spukgeistes gewesen, der mehreren Inwohnern desselben ihr Leben verbitterte und einem sogar das Leben kostete.

Schon ums Jahr 1645 zeigten sich die ersten Spuren dieses bösen Geistes. In Gestalt eines grauen gespenstigen Mönches schlich er des Abends geräuschlos und in Nebelgestalt durch die Räume des Pfarrhauses, setzte sich auf die Holzbank vor dem großen Kachelofen in der Studirstube des Geistlichen und war von da nicht zu vertreiben. Der Pfarrer Johannes Rodigast wandte alle möglichen Exorcismen an um ihn hinwegzuscheuchen, allein kein Gebet oder frommer Spruch vermochte ihn wegzubringen. Endlich trat er muthig dem Mönche entgegen, legte seine Vocation auf den Tisch und fragte ihn: „wer bist Du? Woher kommst Du und was willst Du von mir? hier ist meine göttliche Berufung, kraft deren mir zugleich dies Haus zu eigen gegeben ist! Hast Du ein besseres Recht daran, so beweise es mir! Kannst Du es aber nicht, so weiche von hinnen!“ Darauf entwich nun zwar das Mönchsgespenst, allein der Pfarrer verfiel seit der Zeit in eine schwere Melancholie, er glaubte sich von Gott verlassen und dem Teufel verfallen und so war er denn von 1656 an bis zum J. 1680 von immerwährenden Visionen geplagt, sodaß er schließlich sich nicht anders zu helfen wußte, als daß er seinem Leben durch Erhängen selbst ein Ziel setzte. Seinen Nachfolgern Adam Dimler und Johann Heinrich Stemler

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_360.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)