Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 406.jpg

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aber eine große Rolle Gold aus der Tasche, in welche der Stadtpfeifer seinen Knochen gesteckt hatte. Das war aber den Gesellen, die ihre Knochen weggeworfen hatten, außer dem Spaß, als sie das hörten. Sie liefen spornstreichs nach dem Kornacker zurück, fanden auch die Knochen und trugen sie jubelnd nach Hause. Als sie sie aber aus der Tasche zogen, hatte Jeder ein Stück beinerne Flöte. Da konnten sie sich nun selbst etwas pfeifen und davon kommt die Redensart: „es ist einem etwas Flöten gegangen“[1].


101) Schauenforst.
S. Greß a. a. O. S. 119 fgg.

In der Nähe von Orlamünde auf dem linken Saalufer, ¼ Stunde vom Dorfe Rödelwitz über dem Hexengrunde erblickt man noch heute die Ruinen des Schauenforstes, eines hohen, runden Wartthurms mit einer Mauer, in deren Mitte das noch völlig erhaltene Burgthor mit steinernen Sitzen den Wanderer zum Eintreten in den weiten Burghof einladet. Düstere Tannen schmücken den Fuß des Burgberges, und Gras und Moos überwuchern die Trümmer der einst gewaltigen Feste. Ueber den Ursprung des sonderbaren Namens derselben erzählt man sich folgende Sage. Der Landgraf Ludwig von Thüringen lag in ewigem Streit mit den mächtigen Burggrafen von Orlamünde und es gelang ihm ebensowenig wie seinen Vorfahren, sich dieselben zu unterwerfen. Es fehlte ihm ein Rückenhalt, wohin er sich mit seinen Mannen bei seinen Kämpfen gegen sie zurückziehen konnte, eine feste Burg. Endlich erbaute er auf jenem nicht weit von Orlamünde gelegenen Berge eine stattliche Burg, welche weithin das Thal und die ganze Gegend beherrschte. Als der Bau beendigt war, lud er seine Gegner, mit denen er zufällig gerade nicht in Fehde lag, ein, sich das Schloß anzusehen, und nachdem er ihnen


  1. Die Redensart wird richtiger aus dem plattdeutschen Worte „Fleeten d. h. fließen“ erklärt.
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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_406.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)