Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 417.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In Bezug auf das Knechte- und Mägdemiethen ist zu bemerken, daß diese in den Zwölfnächten auf dem Markte stehen, die Hausväter und Hausmütter aber unter ihnen herumgehen, um die einzelnen Personen desto besser in Augenschein zu nehmen. Die Hausmütter werfen den Mägden das Miethgeld vor die Füße und geben Achtung, ob sie solches geschwind oder langsam aufheben, wo sie daraus die Hurtigkeit oder Faulheit der Dienstboten erkennen wollen. Wenn nun die Mägde anziehen, so setzen sie sich in die Stube ihres Herren so, daß sie das Gesicht nicht gegen die Thüre kehren, weil sie meinen, der Dienst werde nicht lange währen, wenn sie gleich das erste Mal die Augen nach der Thüre wenden. Dann richtet ihnen die Hausmutter noch eine gute Mahlzeit zu, welches die Wandersuppe genannt wird.

Wenn bei ihnen ein Mensch verschieden ist, so machen sie die Fenster auf. Die Leiche wird in dem Hofe unter freiem Himmel hingesetzt und die Leidtragenden stehen dahinter. Ist nun der Todte aus dem Hause hinausgetragen worden, so muß der, welcher im Hause bleibt, mit einem Besen das Haus kehren und solchen zur Thüre hinauswerfen. Die aber, welche am Grabe stehen, werfen einen Erdklos hinein, wenn der Todte eingesenkt wird.

In Bezug auf die Kleidung ist aber zu bemerken, erstlich was die Männer anlangt, daß sie von alten Zeiten her sehr breite und mit einem sehr hohen, spitzigen Thurm gezierte Hüte getragen haben, später bedieneten sie sich der niedrigen Bürgerhüte. Unter den Hüten trugen sie stets eine von Leder oder Tuch gemachte und mit Barchend oder Pelz gefütterte Mütze, welche sie nicht vor ihres Gleichen, sondern nur vor höhern Personen und zwar mit der linken Hand, den Hut aber mit der Rechten abnahmen. Um den Hals tragen sie einen schwarzen Flor. An den Arbeits- oder Wochentagen tragen sie einen Rock aus weißem Tuch mit spitzigen Aermeln und mit Hefteln unter dem linken Arme, wo ein sogenannter Brustlatz zugeheftet ist, und die bis an die Kniee gehen. So gehen die Knechte bei der Arbeit. Sonst

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_417.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)