Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 013.jpg

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welches der Churfürst nicht weit von Dresden erbaut hatte, vor, derselbe lange mit seinem Gefolge daselbst Nachts um 12 Uhr an. Er begab sich, nachdem das Thor geöffnet war, die Treppe hinauf in seinen gewöhnlichen Speisesaal, setzte sich zu Tische, ließ sich die befohlenen Speisen auftragen, und als er gegessen und getrunken, stand er mit den Seinigen von der Tafel auf und ritt mit denselben gegen 1 Uhr, so wie er gekommen war, stumm davon.


b) Epistola Viti Winshemii ad Joa. Stigelium, data Vitebergae die 26. Martii 1553, bei Struv. Acta Litt. T. I. f. IV. p. 92. sq.

In der Nacht des 8.-9. Januars des Jahres 1553 erhob sich in dem Schlosse zu Berlin um die Mitternachtsstunde ein ungeheurer Lärm als wie von einem Donnerwetter, während, wie sich am folgenden Tage ergab, in der ganzen Nachbarschaft des Schlosses von allem diesen nichts vernommen wurde. Der Churfürst, seine Familie und Dienerschaft wurden davon aus dem Schlafe aufgeschreckt und weil sie meinten, es müsse das Ende der Welt oder wenigstens ein schreckliches Ereigniß in der Nähe sein, so betete Jeder inbrünstig zu Gott, er möge solches gnädigst abwenden. Endlich hörte der Lärm und das Poltern auf und die frühere Stille kehrte wieder; als man aber bei Tagesanbruch auf Befehl des Churfürsten Maurer und Zimmerleute zusammenrief, welche das Schloß untersuchen sollten, wo denn irgendwo einzelne Theile eingestürzt waren, fanden diese Alles unversehrt, nur von der massiven steinernen Bildsäule des Churfürsten Moritz von Sachsen, die unter den Statuen der übrigen vornehmsten deutschen Fürsten im Schloßhofe stand, war der Kopf heruntergerissen. Da nun menschliche Hände solches nicht ohne lange Arbeit vermocht hätten, so hat man sogleich an ein betrübendes Ereigniß gedacht, und Vitus Winsheim, der darüber drei Monate vor dem Tode des Churfürsten berichtet, scheint diese Begebenheit als ein für das churfürstliche Haus Sachsen unglückliches Anzeichen betrachtet zu haben.


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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_013.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)