Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 068.jpg

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Segnitz Bd. II. S. 346 sq.

Im siebenjährigen Kriege kam hierher ein Trupp Croaten, der das Schloß und Dorf vollständig ausplünderte und mit anderer Beute auch den Schädel mit fortnahm. In ihrem Lager an der Elbe angelangt, fingen sie an, von dem Geraubten tüchtig zu schmaußen, und belustigten sich auch damit, den Todtenkopf herumzukollern und ihm Wein einzufüllen. Siehe da schmetterte eine unsichtbare Faust die Frevler zu Boden, und schaudernd erkannten sie, was sie gethan hatten; sie näherten sich voll Angst dem furchtbaren Schädel, hoben ihn behutsam auf und trugen ihn unter Gebet an seinen alten Ort, die Nische in der Mauer, zurück, wo er noch steht.


Sieckel, Nachr. v. Poltergeistern und gespenstigen Erscheinungen. Quedlinb. 1761. Th. I. S. 46. sq. erzählt die Sache anders also:

„Es sind wohl 18 Jahr her, daß ich in meiner Jugend nach Meißen in Sachsen und vor einem Dorfe, mit Namen Paatzdorf, vorbeigereist bin. Hier wurde mir auf der rechten Seite ein nahe an der Elbe liegendes Weinberg’s-Häuschen von einem Bekannten des Orts, welcher bei mir in der Kutsche saß, gezeigt und für ganz glaubwürdig erzählt, welchergestalt vor Zeiten zwei Brüder daselbst mit einander in ein Duell gerathen, worinnen einer den andern um das Leben gebracht, auch der Entleibte daselbst begraben worden. Nach Vermoderung des Körpers wären dessen Gebeine, weil sie nicht tief verscharret gewesen, bei Zubereitung des ansehnlichen Weinberges wieder ausgegraben, mithin der Todtenkopf auch mit zum Vorschein gekommen. Dieser, ob er gleich von dem Winzer oder dem Weinbergs-Eigenthümer etliche Male in die nahe vorbei fließende Elbe geworfen, so ist er demohngeachtet dennoch wieder kurz darauf sichtbarlich an seinem Ort im Weinberge gefunden worden. Weil er nun zu des Eigenthümers Bewunderung jedesmal wieder an seinem vorigen Orte zu sehen und von da auf keine Art hinwegzubringen gewesen, so hat der Herr des Weinberges ein Häuschen auf

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_068.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)