Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 098.jpg

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andern Lustbarkeiten obzuliegen. Mit der Zeit wuchsen aber jene kleinen Dörfer so an Umfang, daß bald der ganze Raum, der früher zwischen ihnen und dem genannten Jagdschlosse existirt hatte, angebaut war. Aber auch die Burggrafen von Dohna waren immer mächtiger geworden, und so kam es, daß sie sich nicht mehr begnügten, mit ihren Nachbarn, deren keiner ihnen die Spitze bieten konnte, in ewigem Kampfe zu liegen, um sich durch deren Besitzungen zu bereichern, sondern sich sogar gegen ihren Lehnsherrn, den König Bogislaus (II.?) von Böhmen, auflehnten. Allein dies bekam ihnen schlecht, derselbe zog mit großer Heeresmacht gegen sie, schlug sie im offenen Felde, brach ihre Burgen und vertheilte ihre Güter an seine Günstlinge und Vasallen. Seit dieser Zeit stand auch jenes Jagdschloß leer und ward, da Niemand sich um dasselbe zu kümmern schien, zur Ruine. Nun ging aber durch jene Dörfer eine sehr besuchte Heerstraße nach der hölzernen Elbbrücke, welche die Burggrafen von Dohna schon um 840 gebaut haben sollen, auch dort ihr Wappen, zwei über einander geschrenkte Hirschstangen aufgestellt hatten und einen Zoll von ihr erhoben, und so kam es, daß in den Dörfern viel Einkehr war, da viele Fuhrleute hier des Nachts rasteten und erst am andern Tage die Elbe überschritten. Da war auch besonders ein Wirth mit Gästen gesegnet, so daß sein Haus bald zu klein für die zahlreichen Besucher ward und er manchen Fremden, von dem er sich einen guten Gewinn versprach, abweisen mußte. Dies wurmte aber den habsüchtigen Schenkwirth sehr, und darum fand der Rath eines Nachbarn, er möge doch versuchen, das ihm gegenüberliegende, unbenutzt stehende, verfallende geräumige Jagdschloß von dem jetzigen Herrn des Waldes zu erwerben und seine Wirthschaft dahin zu verlegen, bei ihm günstiges Gehör. Er begab sich auch sofort nach Lohmen, wo derselbe hauste, erkaufte das Schloß für einen sehr billigen Preis, und rastete auch keinen Augenblick, bis dasselbe wieder in gutem Stande und zur Aufnahme möglichst vieler Gäste eingerichtet war, so daß er bald den Einzugsschmauß daselbst halten konnte. Den Tag vorher

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_098.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)