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133) In der Hofkirche zu Dresden fällt ein Stern von der Decke.
S. Hasche, Bd. V. S. 90.

Am 1. April 1691 erhielt Dr. Spener vom Geheimen-Rathsdirector seinen Abschied zugeschickt, am 22. Mai nahm er auf dem Oberconsistorium mit diesen Worten Abschied: „ich ziehe mit größerer Freude weg, als ich hier bleibe“; am 29. hielt er zum letzten Male Katechismusexamen, wo die ganze Versammlung überlaut wurde und am 1. Juni that er seine Abschiedspredigt in der alten evangelischen Schloßcapelle, aber zu Ende der Predigt stürzte bei dem Pagenchor ein Stern von der Decke hinab.


134) Spukhäuser zu Dresden.

An Spukhäusern zu Dresden war ehedem kein Mangel, vor zwanzig Jahren noch behauptete man, daß Niemand in dem Hause Nr. 4 der Carusstraße (sonst Borngasse) in der ersten Etage wohnen bleibe, weil es im ganzen Logis die Nacht rumore. Dasselbe sagte man von dem Hause Nr. 31 der Schloßgasse, zweite Etage. Ebenso sagte man, daß in dem großen Hause am Freiberger Platze Nr. 21a, unmittelbar neben dem Garten des Findelhauses sich in der Nacht eine weißgekleidete Nonne ohne Kopf sehen lasse, welche übrigens Niemanden etwas zu Leide thue. Jetzt ist sie schon lange nicht mehr erschienen. Auch von der dritten Etage des Hauses Nr. 13 der Moritzstraße erzählte sich das Volk sonst eine unheimliche Geschichte. Man sagte nämlich, es sterbe jedes Jahr in demselben irgend Jemand. Die Leute, welche des Nachts in die vierte Etage hinauf gingen, behaupteten, sie sähen ein sonderbar gekleidetes Frauenzimmer durch das auf die Treppe gehende Küchen- oder Vorsaalfenster herausschauen. Ein mir bekannter Dresdner Bürger, der vor einer Reihe von Jahren in diesem Logis wohnte, erzählte hierüber Folgendes. Er wohnte noch kein Jahr daselbst, da verloren sie ein kleines Mädchen durch den Tod; dasselbe ward unter Blumen in der sogenannten guten Stube aufgebahrt und er und seine

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)