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folgende in einen Baum, der freilich jetzt wohl schwerlich aufzufinden seyn dürfte, eingeschnittene Worte, wie er sagt, bezeichnete:

Vereint laßt uns sterben, es schließt ein Grab uns ein,
Wir werden noch verbunden in bessern Welten sein.


157) Das unglückliche Todaustreiben zu Radeberg.

Dresd. Magaz. Bd. II., S. 439. sq. Curiosa Sax. 1745. S. 121. sq. Grundig, Samml. z. Nat. Gesch. v. Obersachsen. Bd. I. 3. S. 219. Poet. beh. v. Segnitz. Bd. I. S. 32. sq.

An einigen Orten im alten Churfürstenthum Sachsen war es früher gebräuchlich, am Sonntage Laetare den Tod auszutreiben. Die Knaben machten nämlich aus Stroh eine menschliche Figur, behingen sie mit Lumpen, steckten diesen Popanz an eine Stange und trieben ihn so mit großen Geschrei und unter Absingung eines besondern Reims[1] durch die Stadt.


  1. Nach B. Schnurr, Kunst-, Haus- und Wunderbuch, Frkfrt. a. M. 1690. 8. S. 127. lautete dieser Reim also:

    Nun treiben wir den Tod auß,
    Dem alten Juden in seinen Bauch,
    Dem jungen in den Rücken,
    Das ist sein Ungelücke.
    Wir treiben ihn über Berg und tieffe Thal,
    Daß er nicht wieder kommen soll,
    Wir treiben ihn über die Hayde,
    Das thun wir den Schäfern zu Leyde.

    Darnach kamen sie wieder zu Hause und sangen:

    Nun haben wir den Tod hinauß getrieben,
    Und bringen den lieben Sommer wieder,
    Den Sommer und auch den Meyen,
    Der Blümelein sind mancherleyen.

    Uebrigens sang man diesen Reim an verschiedenen Orten immer anders, z. B.:

    Nun treiben wir den Tod hinaus
    Den alten Juden/Weibern in das Hauß
    Den jungen/reichen in den Kasten
    Morgen wollen wir fasten.

    [145] Eine andere Version ist folgende:

    Wir tragen den alten Thor hinaus
    Hinters alte Hirtenhaus,
    Wir haben den Sommer nun gewonnen
    Und Krode’s Nacht ist weggekommen.

    Bei J. Chr. Hellbach, Archiv v. u. f. Schwarzburg 1787. Nachr. p. 51.

    Bekanntlich hat Luther selbst für die Kinder zu diesem Zwecke ein Lied von 7 4zeiligen Strophen gedichtet: Nun treiben wir den Pabst heraus etc., welches bei R. Chr. Hilscher, Curiose Gedanken Von dem Gebrauche am Sonntage Laetare Welchen man insgemein nennet Den Todt austreiben. A. d. Lat. übers. d. M. M. Dresd. u. Lpzg. 1701. 8. S. 39. sq. abgedruckt ist.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)