Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 157.jpg

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Hügelkette sprudelt eine Quelle, welche ein hölzernes Häuschen vor Verunreinigung schützt, obwohl darin Frösche und Kröten ihr lustiges Spiel treiben. Einst bediente sich ein Hirt, der vom Aussatz befallen war, des Wassers zur Reinigung seiner Gliedmaßen und genaß von Stund an. Weil es aber auch die Fruchtbarkeit der Frauen befördert, heißt es der Muttergottesbrunnen.


169) Die tapfere Jungfrau von Pirna.
Pirnaische Annalen bei Hasche, Mag. d. sächs. Gesch. Bd. VIII. S. 389 sq.

Im Jahre 1227 ist ein Bürger zu Pirna, genannt Frantzback, der am Ringe daselbst gewohnt, mit seiner Ehefrau und einer Magd nach Dresden zu einer Hochzeit gereist und hat seiner Schwester Tochter, ein Mädchen von 17 Jahren, so sie als Kind angenommen, um indessen das Haus zu hüten, zurückgelassen. Da haben sich zwei Tuchmacher, so dem Trunke und Nichtsthun ergeben gewesen, mit einander verschworen, sich am Tage heimlich in das Haus zu stehlen, sich da zu verstecken und des Nachts die Jungfrau zu erwürgen. Wie gedacht, so geschehen, sie sind gegen Abend ins Haus gekommen, haben sich im Keller verborgen und gemeint, die Jungfrau werde, um Bier oder Wein zu holen, da hinab kommen. Solches ist jedoch nicht geschehen; wohl aber ist das Mädchen vor Schlafengehen heruntergegangen, um die Hausthüre zu verriegeln, während dem haben sich die beiden Bösewichter in die Stube geschlichen, und als jene ebenfalls hereingetreten, ist sie so erschrocken, daß sie kein Wort hat hervorbringen können. Die beiden Kerle haben ihr aber freundlich zugeredet, sie solle sich nicht fürchten, man werde ihr nichts zu Leide thun, sie solle ihnen nur den Ort zeigen, wo ihr Vetter sein Geld aufgehoben, sie wollten sich etwas Weniges davon nehmen. Weil nun das Mädchen sich vor Angst nicht zu helfen gewußt, auch so ihr Leben zu retten gehofft, hat sie in Alles gewilligt, auch noch ein Licht angezündet und gesagt: „so kommt denn, nehmt nur nicht zu

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)