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175) Wasserfluth zu Pirna verschont das Weihwasser.
Pirn. Ann. a. a. O. S. 401.

Am Mittwoch nach Mariä Empfängniß des Jahres 1501 hat sich die Elbe so ergossen, daß sie in die Klosterkirche gegangen bis an den rothen Strich, so über dem Predigtstuhl gezeichnet ist, auch zu allen Thoren hereingedrungen. Es ging so hoch, daß man mit Schiffen und Kähnen hineinfahren können bis an’s Rathhaus, ging auch bis an den Sprengel, der vor dem Kloster an der Kirchthüre stand und halb voll geweihten Wassers war und ein Spreng-Wedel (Weihwedel) darin lag. Doch berührte das wilde Wasser das geweihte Wasser nicht, und blieb der Spreng-Wedel im Weihwasser, und obgleich das wilde Elbwasser hart an den Stein schwebte, so blieb doch das Weihwasser und der Sprengel darin unversehrt.


176) Der Wagen ohne Pferde zu Pirna.
Pirn. Ann. S. 402.

Im Jahre 1504 unterstand sich ein Bürger zu Pirna, einen Wagen mit Rädern und Schrauben zu machen, der sollte ohne Pferde, so einer darauf säße und die Schrauben zöge, vor sich hinfahren, wo er wollte. Um nun diese seine Kunst mit dem Fahren zu beweisen, richtete er alles Gezeug dazu und gedachte nach Dresden zu fahren; er fuhr aber nicht weit, so blieb er im Drecke stecken, so der Zeit groß war. Im Trockenen und in der Ebene hätte er es wohl eine ziemliche Ecke practiciren mögen. – Dies wäre demnach die älteste Dräsine oder Velocipède gewesen.


177) Die Thurmpflegerstochter zu Pirna.
Mündlich. Poetisch beh. bei Ziehnert, Bd. I. S. 251. sq.

Im Jahre 1532 ist zu Pirna von Margarethe bis Weihnachten ein großes Pestilenzsterben gewesen, darin an 1400 Personen gestorben. An diesem Unglück ist aber die Thurmpflegerstochter Schuld gewesen, und ist die Sache so zugegangen.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)