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216) Die Entstehung von Dippoldiswalde.
Peccenstein, Theatrum Saxon. Th. II. S. 14. Klotsch u. Grundig, Sammlung verm. Nachr. z. Sächs. Gesch. Chemnitz 1768. Th. II. S. 4. Curiosa Sax. 1738 p. 355. sq. 1781. p. 150. sq.

Zwei Meilen von Dresden liegt an der sogenannten Dippoldiswaldischen Weißeritz, welche gleich unter Altenberg auf der sogenannten Weicherd entspringt, die Stadt Dippoldiswalde, deren Ursprung die Sage also berichtet. Es soll in der Mitte des 10ten Jahrhunderts, wo die ganze Gegend noch unangebaut und von einem einzigen Walde bedeckt war, davon man heute noch einen Felsen den Einsiedlerstein (den Einsiedel) nennt, ein Eremit, Namens Dippoldus (aus dem adeligen Geschlechte derer von Clohmen) gewohnt und ein so heiliges Leben geführt haben, daß er vom Papste canonisirt ward. Nun hat zur selbigen Zeit Herzog Boleslaus, der Gottlose, von Böhmen, der an seinem Bruder, Herzog Wenzel dem Heiligen (nach Einigen wäre es jedoch nicht Boleslaus, sondern Wenzel gewesen), einen Brudermord verübt hatte, vom bösen Gewissen getrieben, in dieser Gegend häufig, um dasselbe zu betäuben, dem Waidwerke obgelegen und ist bei dieser Gelegenheit einmal in die Nähe der Einsiedelei des H. Dippold gekommen, hat denselben hier angetroffen, sich mit ihm in seine Clause begeben und ist von dessem heiligen Wandel dermaßen gerührt worden, daß er sich von ihm taufen ließ, sich von seinem gottlosen Leben völlig bekehrte und dem Einsiedler zu Ehren nicht weit von dessen Clause eine Capelle (da wo jetzt die Stadtkirche steht) erbaute, welche er Sancti Dippoldi Silva nannte, mit vielen Freiheiten begabte und den H. Dippold daselbst zum Priester einsetzte, (um 930), inmaßen die ganze Gegend damals noch unter böhmischer Herrschaft stand. An diesem anfänglich nur der Capelle beigelegten Namen hat nachmals die nachher erst geschaffene Commun Antheil genommen und die dahin gebaute Stadt Dippoldi Wald oder Dippoldiswalde genannt, weil schon bei Lebzeiten des Einsiedlers um diese Gegend der

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_192.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)