Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 212.jpg

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Zinnwald steht ohngefähr 50 Schritte von der Grenze ein kleines hölzernes, von einem Bergmann bewohntes Häuschen, an dessen hinterem Deckbalken in der Stube folgender Vers eingeschrieben ist:

Ich bin nun auf Sachsens Boden, Gott Lob
Weil mich mein Wirth, Hans Hirsch, aus Böhmen rüberschob. 1721.

Hiermit hat es folgende Bewandniß. Als in den Jahren 1716 bis 1728 die protestantischen Einwohner Böhmens der Religion wegen vielfältig beunruhigt wurden, wanderten viele in das benachbarte Sachsen aus, unter andern auch ein armer Bergmann, Namens Hans Hirsch. Weil dieser aber sein nahe an der Grenze stehendes Häuschen nicht gern zurück lassen wollte, hat er dasselbe mit Hilfe seiner Freunde und Nachbarn des Nachts auf Walzen gesetzt und glücklich nach Sachsen herüber practicirt, und zum Gedächtniß obigen Vers in die Stubendecke eingeschnitten.


237) Das wunderthätige Marienbild zu Fürstenau.
Brandner, Lauenstein, S. 299. sq.

Die Kirche des eine Stunde von Lauenstein entfernten Dorfes Fürstenau, eines der höchstgelegensten Punkte des Meißner Hochlandes (2300 F. üb. d. Meere), ist die älteste der ganzen Umgegend und besitzt ein am Altar befindliches Marienbild mit reicher Vergoldung und leidlicher Bildhauerarbeit. Dasselbe stellt den Besuch der Maria bei ihrer Schwester Elisabeth vor, und in katholischer Zeit zog es wegen seiner angeblichen an Kranken verübten Wunderheilungen viele Wallfahrer dorthin. Eines Tages wurde dieses Bild (um 1419–36) von frechen Dieben entwendet, allein kaum waren sie in dem naheliegenden Walde angelangt, so hatten sie den Weg verloren und sahen sich genöthigt, das Bild einstweilen unter einem Strauche zu verstecken und den verlorenen Pfad wieder aufzusuchen. Kaum hatten sie aber das Bild niedergelegt, als sie sich auch wieder zurecht fanden, allein dasselbe

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_212.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)