Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 232.jpg

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sprachen ein ebenso schlechtes Deutsch als Italienisch, werden auch oft als Landfahrer oder fahrende Schüler bezeichnet, und es gedenkt ihrer auch bereits Luther in seiner Auslegung der Epistel an die Galater (c. 3) und in der Vorrede zum Prophet Daniel, nennt sie aber ruhmredige Leute, die viel Prangens machten. Man erzählt von ihnen auch, daß nach Auffindung der Bergwerke zu Annaberg die Wahlen dahin gekommen, das reichhaltige Erz geschmelzt und auf eine bessere Art gut gemacht, als die dasigen Bergleute gekonnt. Weil aber die Venetianer diese Schmelzkunst als ein Geheimniß für sich behalten wollten, sich aber doch einer unter ihnen fand, der die Kunst auch Andern mittheilen zu wollen schien, so erkauften sie einen Mörder, der nach Annaberg reiste und diesen ermordete. Der Getödtete hieß Johann Mengemeyer und geschah dies im Jahre 1514. (Annab. Chron. c. 9). Man kennt aber unter andern folgende Namen: D. Marcus und M. Hieronymus von Venedig und Piger, Antonius von Florenz, Bastian Dersto von Venedig, Matz Nic. Schlascau, Adam und George Bauch, Christoph und Hanß, Friedrich und Barthel Fratres und Moses Hojung von Venedig, die sich von 1400 bis 1608 im Gebirge aufgehalten haben oder an Flüssen ertappt worden sind. Uebrigens scheinen diese Leute sehr oft von guter Herkunft gewesen zu sein. Denn man erzählt, daß einst ein sächsischer Edelmann einen solchen Wahlen häufig auf seinem Grund und Boden ertappt habe, wie derselbe Erz suchte und wegschleppte; er ermahnte ihn erst, davon abzustehen, drohte ihm zuletzt gar mit Mißhandlungen, und als er auch da noch nicht hörte, jagte er ihn mit Schlägen von seinem Gute. Da trug es sich zu, daß er nach einigen Jahren auf einer Reise auch nach Venedig kam, und da er sich hier längere Zeit aufhielt, erblickt ihn auch der von ihm geschlagene Venetianer. Derselbe suchte nun mit ihm in Gesellschaft zusammenzukommen, und als ihm dies gelang, lud er ihn auch zu sich ein, und nachdem er ihn auf’s Prächtigste bewirthet, legte er die schlechten Kleider an, die er, als er in Sachsen gewesen war, getragen hatte,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_232.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)