Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 243.jpg

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Augen zu Boden sanken. Endlich trat einer der Herren aus dem Kreise hervor und fragte: „Was forderst Du für eine Belohnung?“ Bei allem Angstschweiß gedachte doch Görge der Ermahnung des Führers: er zog seinen zwischen die Knie geklemmten Hut hervor, hielt ihn mit demüthiger Gebehrde offen vor sich hin und gab durch eine Bewegung zu erkennen, als sei er mit Allem zufrieden. Da ergriff der nämliche Herr eine Kohlenschaufel, fuhr damit in den Haufen der im Kamine glühenden Kohlen, und schüttete sie Görgen in den Hut. Dieser entsetzte sich darüber nicht wenig, allein in demselben Augenblicke trat der bekannte Führer herbei, und winkte ihm freundlich, er solle ihm folgen. Görge gehorchte sogleich, voll banger Erwartung, was weiter folgen werde, und sah sich in Kurzem zu eben dem Thore zurückbegleitet, durch welches der freundliche Mann ihn eingeführt hatte. In diesem Augenblicke war auch der Führer und mit ihm die ganze Erscheinung verschwunden; Rothkopfs Görge aber befand sich, von der finstersten Nacht umhüllt, auf dem nämlichen Platze, wo ihm der Geist in den Weg getreten war.

Nachdem er sich von seiner betäubenden Angst wieder ein wenig erholt hatte, verfolgte er den wohlbekannten Heimweg mit eiligen Schritten und dachte der wunderbaren Begebenheit nach. Er ärgerte sich im Geheim nicht wenig über die höllische Belohnung, die er in seinem Hute vor sich hin trug, und hätte die Kohlen gern auf die Seite geworfen, wenn er nicht die vermeinten bösen Geister, die im Windberge hauseten, wider sich aufzubringen befürchtet hätte. Es war ihm ohnedies nicht wohl dabei zu Muthe, daß der Hut immer schwerer wurde, die Last nahm mit jedem Schritte zu und kaum vermochte er sie mehr zu tragen: allein die Furcht gab ihm Kräfte, und so schleppte er sie geduldig mit fort. Kaum aber hatte er seine Wohnung erreicht und die Hausthüre aufgeschlossen, so schüttete er die schweren Kohlen nebst dem, was sie sonst noch erschwert haben mochte, mit einem Male auf die Seite, und warf die Thüre geschwind hinter sich zu. Er kroch so eilig als möglich in sein Bette, zog die

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_243.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)