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263) Das Panier des Ritters St. Georg zu Tharand.
Ursinus bei Mencken. Script. Hist. Sax. T. III. p. 1272.

Als der Landgraf Ludwig von Thüringen mit Kaiser Friedrich nach Palästina zog, schickte ihm Gott vom Himmel herab das Panier des Ritters St. Georg seiner Mildthätigkeit und guter Werke halben, und unter diesem stritt er gegen die Ungläubigen und siegte. Dann ward das Panier gen Wartburg gebracht, darnach aber gen Meißen auf ein Schloß, welches der Tharant heißt. Da kam Feuer in dem Schlosse aus (1190) und viele Leute sahen das Panier des Ritters im Feuer zum Fenster hinausfliegen, aber Niemand hat erfahren, wo es seitdem geblieben ist. Dieses Wunders wegen ward hernach die St. Georgenkirche zu Eisenach gebaut.


264) Der Einsiedel im Thale der rothen Weißeritz.
(B. Cotta), Tharand und seine Umgebungen. Dresd. u. Lpzg. 1835. 16. S. 91.

Ganz in der Nähe des Städtchens Tharand[1] befindet sich das Thal der rothen Weißeritz. Hier gestatten schroffe


  1. Das Wahrzeichen der Stadt ist eine in Stein gehauene und neben dem Thorwege der Schloßmühle eingemauerte und roth angestrichene Granatblüthe, welche sich darauf bezieht, daß die Weißeritz Granaten mit sich führt, weshalb seit der zweiten Hälfte des 15. Jhdrts. der Ort selbst Granaten hieß. Von dem alten Schlosse hat man zwar keine gleichzeitige Abbildung mehr, allein der verstorbene Director d. Kgl. Kupf. Cab. Frenzel vermuthete mit Recht, daß die Darstellung einer Burg von dem anonymen altdeutschen Kupferstecher S. N. in dem K. Oeff. Kupferstich-Cabinet und in der Privatsamml. S. M. d. höchsts. K. (Nr. 6579) befindlich und von Heinecken, Nachr. Th. I. S. 384 beschrieben, dasselbe, wie es zu jener Zeit noch aussah, wiedergiebt. Der Name Granaten hat übrigens zu einer sonderbaren Verwechselung Anlaß gegeben. Schlenkert, Tharand. (Dresd. 1797. S. 84) und nach ihm der Verfasser von: „Die Weißeritzthäler und ihre Umgebung.“ Dr. 1833. 12. S. 78 erzählt nämlich, Kurfürst Moritz habe 1549 dem nachherigen Kaiser Maximilian II., als er noch Erzherzog gewesen, 1548 hier ein glänzendes Jagdfest gegeben und beruft sich auf ein hdschr. auf der Dresdener Bibliothek befindliches lateinisches Gedicht eines gewissen Stephan Schirrmeister aus Nürnberg: Venatio inclyti, pii ac augusti romanorum imperatoris ac Bohemorum regis etc. Maximiliani ad Granatam in Hexametern, welches dem Churfürst August dedicirt ist (Dresd. d. 4. Septbr. 1568, Hdschr. z. sächs. G. I. 128). Darin wird die bekannte Geschichte erzählt, daß sich Maximilian auf einer Jagd von den Seinigen verirrte und in eine Wildniß gerieth, wo er nach langem Herumstreifen in ein Haus kam, in dem sich Räuber aufhielten, die auch den Plan faßten, ihn des Nachts zu ermorden. Indeß durch ein Frauenzimmer gewarnt, war er auf seiner Hut und erlegte die meisten seiner Feinde. Als nun der Lärm des Kampfes Bauern aus der Nähe herbeizog, ward er, trotzdem daß er seinen Stand entdeckte, gefangen und gebunden in das nächste Dorf vor den Richter geführt, von diesem aber natürlich losgelassen. Diese Begebenheit geschah aber bei Granada in Spanien, und hat Schlenkert dieselbe wohl nur aus absichtlicher Täuschung nach Tharand versetzt. S. Hasche, Mag. d. sächs. Gesch. Bd. II. S. 24. Abendzeitung 1818. Nr. 106. cf. Götze, Merkwürd. d. Dresd. Bibl. Bd. III. S. 89.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_245.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)