Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 282.jpg

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sich eine Tafel, auf der große angezündete Wachskerzen standen und um welche schwarzverhüllte Gestalten mit Todtengesichtern saßen. Von diesen erhob sich eine, wie es schien, ein alter Prior, und sprach: „kehret augenblicklich um und laßt die Todten ruhen, sonst seid Ihr alle des Todtes, zum Andenken aber an das, was Ihr gesehen habt, nehmt hier diesen silbernen Becher und versprecht uns in Ruhe zu lassen.“ Bei diesen Worten verschwand er und mit ihm die Tafel und ihre Beisitzer, die Fackeln verlöschten und die Wände des Ganges, den jene noch zu durchwandern hatten, stürzten zusammen. Bebend vor Schrecken eilten Alle dem Eingange zu, und als man nach vielen Jahren den Gang abermals betreten wollte, war er verschüttet, jener silberne, vergoldete Kelch, der mit schön gearbeiteten Figuren geziert ist und die Jahreszahl 1519 trägt, wird aber noch heute, wenn den Fürstenschülern zu Grimma das Abendmahl ausgespendet wird, gebraucht und führt den Namen der Mönchskelch.


318) Die Wunderblume auf dem Tempel bei Grimma.

Auf dem sogenannten Burgberge bei Grimma, an dessen Fuße heute noch eine sehr besuchte Wirthschaft, früher Riemers genannt, liegt, befindet sich eine reizende Anlage von Tannen und ähnlichen Bäumen und in ihrer Nähe auf einer künstlichen Erhöhung ein offener luftiger Tempel aus Holz gezimmert und von einem Herrn Loth im J. 1795 angelegt. Auf dem Vorderplateau nach der Stadt zu, der sogenannten Kuppe, ist aber ein schöner Garten, der ebenso wie der ganze Berg dem Rittergutsbesitzer zu Hohnstädt gehört, jedoch dem Publikum nicht zugänglich ist. In diesem befand sich sonst rechts von dem davor befindlichen Lusthause eine tiefe Grube, lediglich aus Sand und Kies bestehend, in welcher die Kinder ihr Spiel mit dem Nix zu spielen pflegten. Einst war ich hier als Kind von 3-4 Jahren mit meiner Mutter ganz allein im Garten, diese strickte am Gartenhause, ich lief aber

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_282.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)