Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 291.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Stühle besetzt sind, bringt der Pachter schönes weißes Brod, Butter, Käse, und besonders auf einem runden Kuchendeckel einen runden Ziegenkäse von der Größe eines Schleifsteines, dann aber auch Bier in Krügen, und Jeder kann nach Belieben zulangen. Hierauf nimmt der Stadtrichter von Geithain den großen Ziegenkäse vor sich und schneidet davon Scheiben ab, die er auf einen hölzernen Teller legt, und dann denselben zuerst dem Oberpfarrer überreicht, der ihn wieder seinem Nachbar giebt, und so macht der Teller die Runde an beiden Tischen, bis Jeder seine Portion erhalten hat. Dieser Käse wird jedoch von den Wenigsten gegessen, sondern nebst einem Stücke Weißbrod in Papier gewickelt, mit nach Hause genommen und von da aus weit und breit verschickt, weil ihm dieselbe Kraft zugeschrieben wird, die man im Merseburgischen den sogenannten Grünen Donnerstagsbroden in oder aus dem Kreuzgange ertheilt. Nach Zertheilung des Käses kann übrigens Jedermann nach Hause gehen. Dieser Gottesdienst und die Mahlzeit nachher geschieht aber zum Gedächtniß, daß der bekannte Tetzel hier seine Ablaßkrämerei getrieben und in der dortigen Gegend während der Fastenzeit hat Butter und Käse genießen lassen. Da er sich nun Butter und Käse stückweise bezahlen ließ, so sind die dortigen Einwohner auf den Gedanken gekommen, Käse von solcher Größe zu machen, um dadurch etwas von dem Ablaßpfennige zu sparen.


324) Ursprung der Stadt Mittweyda.

Peccenstein, Theat. Sax. III. S. 124. Ad. Chr. Kretzschmar, Nachrichten von der Stadt Mittweyda. Mittw. 1839. I. S. 118 sq.

Zu der Kirche von Seelitz, in welcher ein wunderthätiges Bild der h. Jungfrau ausgestellt war, geschahen vor alter Zeit aus der Nähe und Ferne viele Wallfahrten. An dem Zschopaustrome in der Gegend, wo sich jetzt die sogenannte Großmühle befindet, stand ein sehr großer Weidenbaum, bei und unter welchem die Wallfahrer Mittagsruhe hielten und

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_291.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)