Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 330.jpg

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Dieses hat ihr Bruder, sobald sie aus diesem Jammerthale abgeschieden, dem Rochlitzer Superintendenten, ingleichen dem Rathe entdeckt und offenbart. Der Missethäter ist auf des Richters Befehl gefänglich angenommen, in’s Richthaus geführt und fleißig besucht worden. Da hat man bei ihm gefunden einen Stein und etliche zauberische Charactere, welche vom Teufel gemalet und geschrieben waren, und die er am Hals hängen hatte. Dieses alles nebst schriftlichem Berichte ist gen Wittenberg an die Herren Schöppen gelangt, von welchen das Urtheil und Sentenz gefället worden, daß man den Missethäter von Rechtswegen möge auf die Marterbank bringen und ihn peinlich verhören. Da nun der Scharfrichter ihn kaum versucht hatte, so bekennt der Bube Alles und Jedes, insonderheit daß er die Verstorbene gegeisselt und einen Ehebruch mit ihr begangen habe, daß sie Gott abgesagt, ein Bündniß mit dem Satan gemacht und dasselbe mit ihrem eigenen Blute bekräftigt, welcher doch daran sich nicht begnügen lassen, sondern zu mehrerer Versicherung eines beständigen Bundes ein Stück von ihrer Zunge abgeschnitten. Er habe auch mit dem Teufel, der sich in ein Weib vermummt, gebuhlt, welcher geheißen habe Ursa Tatman Lucifer. Aus demselben Buhlen habe er Bescheid und Antwort vom Teufel sich erholt und mit ihm Rede gepflogen, welchen er in einem Krystall in der Gestalt eines schwarzen Mohrenkönigs, so eine güldene Krone auf dem Haupte getragen, gesehen. Solches und Anderes viel mehr, welches zu berichten all zu weitläufig sein würde, hat er in der Tortur bekannt. Dieses ist nun nochmals an den Schöppenstuhl gelangt, da er dann zum Feuer nach Urtheil und Recht verdammt worden. Als ihm nun das Urtheil vorgehalten und der Gerichtstag angestellt worden, da hat er nichts von dem, was er zuvor bekannt, verleugnet. Da nun aber am folgenden Tage, den 14. Juli des Jahres 1608, die Rochlitzer Geistlichen zu ihm gingen, hat er sich unterstanden, Alles wieder zurückzunehmen und gesagt, er habe die Obrigkeit durch ein falsches und aus Schmerz erzwungenes Bekenntniß betrogen. An solcher Bitte

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_330.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)