Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 378.jpg

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Besserung zu befördern suchen. Als es ihnen geglückt und sie auf diese Art immer eines nach dem andern unter die Erde gebracht, fingen die Weiber und Schwiegersöhne, damit die erstere Bosheit nicht gemerkt werden solle, an, mancherlei Wetter zu machen, die Luft zu vergiften, und wenn sich die Leute klagten, gaben sie ihnen entweder das gedachte Pulver ein oder sie beräucherten sie damit, worauf denn das arme Volk hinfiel wie die Fliegen. Hierzu kam, daß diese satanischen Bundesgenossen nicht warteten, bis eine kranke Person wirklich gestorben war, sondern wenn sie nur etwas krank zu werden schien, thaten sie sie sogleich in einen Sarg und brachten sie halbtodt zur Erde. Weil nämlich der Ort im Ruf war, daß hier eine ansteckende Pest grassire, so wollte sich Niemand zu den kranken Leuten getrauen, mithin ward den Todtengräbern Alles überlassen, die mit ihnen handirten, wie sie wollten. Da hat die göttliche Gerechtigkeit es gefügt, daß die Sache an den Tag kam. Es kommt nämlich eines Tages ein Handwerksbursche aus der Fremde und kehrt in einem Gasthof zu Großzschocher ein, und vor demselben tragen die Todtengräber eine Leiche vorbei. Der Handwerksbursche ist neugierig und fragt, wer die gestorbene Person gewesen? Man gibt ihm zur Antwort, er kenne sie doch nicht, es grassire allhier ein Sterben, wo es die Leute nicht lange machten, so sei gestern noch ein junges munteres Frauenzimmer gewesen, das man jetzt hinaustrage, diese sei frisch und gesund im Dorfe herumgegangen und heute todt, und werde jetzt begraben. Der Bursche fragte weiter: „ei, sagt mir doch, wie heißt sie?“ Als man ihm nun meldet, die und die sei es, da erschrickt er und spricht: „ei, das ist meine Braut, mit der ich mich, ehe ich vor zwo Jahren in die Fremde ging, ordentlich versprochen habe; ihrethalben komme ich so zeitig wieder hierher; es kann nicht sein, und wenn sie es ist, muß ich sie noch einmal im Sarge sehen, sie mag auch die Pest noch so arg gehabt haben.“ So geht er auf den Kirchhof, verlangt von den Todtengräbern die Oeffnung des Sarges, welches sie ihm aber ein für alle Male, weil

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_378.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)