Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 391.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kammer, in der er eingeschlossen war, bald einen Hahn krähen, bald eine Henne glucksen, bald einen Hund bellen, bald eine Katze miauen und dergleichen herrliche Musik mehr hörte, ob er aber im Uebrigen seinen Zweck erreicht hat, ist nicht bekannt worden.


453) Der Schatzgräber in der Angermühle zu Leipzig.
S. Montl. Unterred. v. Reiche der Geister. Bd. III. S. 479.

Ein Mühlknappe in der Angermühle zu Leipzig ging am 2. Octbr. 1707 während der Michaelis-Messe vor das Ranstädter Thor, um einen andern bekannten Mühlknappen zu besuchen; statt nun denselben anzutreffen, fand er einen andern unbekannten Menschen, der ihn in die Petersstraße führte, um, wie sein Vorgeben war, mit ihm eine Kanne Bier zu trinken. Bei dieser Gelegenheit ereignete sich ein Discurs vom Schatzgraben. Der verkappte Mühlbursche erbot sich darauf, ihm für 8 Thaler ein Buch zu verschaffen, darin die zum Schatzgraben nöthigen Beschwörungen enthalten wären. Sie wurden darüber bald einig, so daß ihm jener Mühlbursche versprach, zwei Thaler zum Voraus zu bezahlen und sechs Thaler auf der Neujahrsmesse, wenn er nämlich einen Schatz gehoben haben würde. Darauf fängt der vermeinte Mühlbursche sogleich an, das geheime magische Buch, Dr. Faustens Höllenzwang genannt, abzuschreiben. Dieses Werk verrichtete er auf einem Bauholze an Caspar Bosens Garten. Er schickte indeß den Jungen weg, ihm für 1 Groschen Tabak zu holen, als dieser wieder kam, waren 4 Bogen von diesem Buche schon fertig geschrieben, dieselben gab er ihm, nebst drei andern Zetteln, worin etliche nöthige Nachrichten enthalten waren, wie er sich bei der Beschwörung verhalten müsse. Ueberdies gab er ihm auch einen messingenen Draht, daran vorne ein Kopf wie ein Schlangenkopf gebildet war. Diesen sollte er statt der Wünschelruthe gebrauchen, doch mit dem Beding, daß er sie ihm wieder zustellte. Hiermit ging nun der Junge um Mitternacht in seines Müllers Keller, weil er öfters hatte

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_391.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)