Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 392.jpg

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sagen hören, daß seit dem Schwedenkriege allda ein großer Schatz verborgen sey, da denn seine Wünschelruthe allezeit auf die Seite schlug. Diesem Seitwärtsschlagen der Ruthe folgte der Junge, bis sie unterwärts schlug und endlich gar stillstand, welches das Zeichen war, daß der Schatz allda verborgen lag. Darauf fing er an, den 21. Octbr. zwischen 11 und 12 Uhr sein erstes Kunststück in’s Teufels Namen zu probiren. Er wußte sich gar leicht in diese satanischen Unternehmungen zu finden, er machte Zauberkreise, zeichnete Charactere, setzte Lichter hin und sprach Beschwörungsformeln, da ging endlich ein Rauch auf an dem Orte des Schatzes. In demselben sah er einen Geist als ein kleines Männchen gestaltet, und wie mit einem grauen Flor überzogen, ingleichen fand er auch zwei Zweigroschenstücke auf derjenigen Lade liegen, auf welcher die drei Lichter vor ihm standen. Darauf befragte ihn der Geist: „ob er damit zufrieden sey?“ und als er mit „Ja“ antworten mußte, verschwand derselbe. Der Mühljunge verrichtete nun zum Beschluß knieend sein vorgeschriebenes Gebet, nahm die vier Groschen, löschte das mittlere Wachslicht zuerst aus, nachgehends auch die andern, löste die Zauberkreise wieder auf und ging also rückwärts zufolge seiner Instruction bis zur ersten Stufe aus dem Keller wieder heraus, legte sich schlafen und war insoweit auf dies Mal mit seinem gefundenen Schatze zufrieden. Den 28. Octbr. als den folgenden Freitag nahm er den andern Proceß vor. Es geschah derselbe mit einer schärfern Beschwörung als das vorige Mal. Der Geist erschien auf seine halb gütige, halb trotzige Einladung. Es that sich sogar die Erde von dem Schatze weg, daß er den Goldklumpen deutlich sehen konnte. Er für seine Person aber fand diesmal auch nicht mehr als ein brandenburgisches Sechzehngroschenstück auf der Lade, welches i. J. 1686 geprägt war. Dieser neue Teufelsproceß endigte sich eben wie der vorige, wobei er jederzeit mit aufgerecktem Finger dem Satan einen Eid schwören und Gott und seiner eigenen Seligkeit absagen mußte.

An dem darauf folgenden Freitage, den 4. Novbr., wurde

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_392.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)