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Welches sie bewegt, daß sie unten um das Bett herumgegangen und ihn angeredet hat: „ei, mein Kind, wie bist Du denn hier? Hast Du mich doch erschreckt!“ Da er denn die Beine hinaus geschlagen, aus dem Bette gefahren und unter das Dach, so sich in der Schlafkammer findet, gekrochen, auch daselbst plötzlich verschwunden ist. Die Frau hat sich nun zwar in’s Bett gelegt, aber vor großem Schreck die ganze Nacht nicht schlafen können, weil sie nicht gewußt, wie es zugehe, daß sie ihren Mann, der so viele Meilen entfernt war, habe sehen können. Sie hat aber fleißig gebetet, der Herr wolle sie vor Anfechtung bewahren. Als ihr Mann nun wieder nach Hause gekommen, hat er erzählt, er sei an jenem Tage gerade bei einem Jäger gewesen, der ihn sehr wohl tractirt und mit Braten, Kuchen und Wein bestens bewirthet, da habe er immer an seine Frau gedacht und gewünscht, daß sie solches auch mit genießen möge.


501) Die Perlenschoten zu Wiesenthal.
Lehmann S. 481. Flader a. a. O. S. 234 sq. Poetisch beh. b. Segnitz. Bd. I. S. 173 sq.

Im Jahre 1626 kurz nach dem großen Sterben wohnte in der Neustadt in Wiesenthal ein gewisser Michael Rothdörfer, ein Exulant von Luttitz in Böhmen, welcher mit Weib und 7 Kindern den Religionsfeinden glücklich entronnen war. Sein Töchterlein von 7 Jahren hatte vom Schutthaufen eines ausgegrabenen alten Kellers etliche Kapsamenstrünklein aufgelesen und in ihres Vaters Garten gesteckt. Da nun solcher wohl fortgekommen und gereift, nimmt sie die Schötchen ab und klopft sie aus, findet aber mit Verwunderung weiße Körnchen, die sie unwissend, was es sei, dem Vater weist und spricht: „je, Vater, sehet, was sind dies für Blätterlein?“ Der Vater erkennt, daß es rechte Perlen find, sucht und findet sie in den Schötchen selbst, also daß nach je zwei Samenkörnlein eine wahrhafte Perle lag, und so sammelten sie dieses Samens und der Perlen ein Näpfchen voll. Eine

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 431. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_431.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)