Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 432.jpg

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durchreisende Gräfin von Haustein hat dieselben mit Verwunderung angesehen und gefunden, daß es wahrhafte Perlen seien. Daher hat sie dem Vater versprochen, wenn er einwilligen wolle, so wolle sie dieses glückselige Kind zu sich nehmen und ihm alle Güte widerfahren lassen. Als sie aber hierbei etliche dergleichen Schötchen selbst aufgemacht, sind die darin verborgen liegenden Perlen ihr unter den Fingern geschmolzen, welches auch andern Leuten begegnet ist, daher sie geurtheilt und gesagt: „ei, so ist es eine sonderbare Gnade von Gott, deren wir nicht würdig sind.“


502) Die Tellerhäuser bei Wiesenthal.
Poetisch beh. v. Ziehnert Bd. II, S. 139 sq.

Um das Jahr 1570 lebte zu Wiesenthal ein blutarmer, aber frommer und fleißiger Bergmann, Namens Teller, der bei einer Grube beschäftigt war, die auf einmal keine Ausbeute mehr gab und deshalb von ihrem Besitzer, einem reichen Geizhals, nicht mehr bebaut ward. Ebenso vergebens wie er von Letzterem seinen rückständigen Lohn zu bekommen gesucht hatte, sah er sich nach neuer Arbeit um, er hatte eine kranke Frau und drei Söhne zu Hause, allein er hatte kein Brod für sie und so mußte er nach und nach Alles, was er besaß, verkaufen. So kam der Ostermorgen heran und das Letzte, was noch zu Gelde gemacht werden konnte, war bereits weggegeben. Siehe da zog es ihn nach der Kirche und als er traurig an den Eingang derselben getreten war, kam es ihm vor, als sehe er sich im Festtagsgewande eine Stufe glänzenden Silbers auf der Schulter an der Kanzel stehen. Er rieb sich die Augen, wendete sein Gesicht ab, aber sobald er wieder auf jenen Punkt schaute, stand auch sein Doppelgänger wieder da. Er verließ endlich die Kirche, und auf dem Wege nach seinem Hause begegnete ihm ein wohlgekleideter Unbekannter, der ihm, als er von ihm befragt, warum er so traurig aussehe, seine Noth geklagt hatte, ein großes

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_432.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)