Näherin aber, weil sie ihm zum andern Male nicht gefolgt, wegziehen heißen. Kaum ist sie jedoch fortgewesen, so hat das Gespenst sich die folgende Nacht darauf in der Kammer, wo die Näherin sonst gelegen, mit vernehmlicher Stimme hören lassen: „wo Ihr mir die Marie Sabine nicht wieder herschafft, so will ich auf den dritten Abend im Hause so turniren, daß Ihr nicht sollt darinnen bleiben können.“ Worauf der Herr des Hauses, der solches gehört, geantwortet: „der Teufel ist ein Lügner, er wird’s auch diesmal bleiben!“ und wirklich ist es in der darauf folgenden Nacht ganz still geblieben und hat sich seit der Zeit nichts wieder von dem Spuke hören lassen.
Zu Frohnau bei Annaberg lebte einst ein ganz armer Mann, Namens Georgi, der in den kümmerlichsten Umständen starb. Da nun sein einziger Sohn wegen seiner Armuth die Begräbnißkosten für denselben nicht aufbringen konnte, man deshalb also mit der Beerdigung Anstand nahm, steckte er seinen Vater in einen Leinwandssack, legte denselben auf einen Schubkarren und beerdigte ihn auf dem hintern oder neuen Gottesacker in Annaberg mit den Worten: „komm, alter Vater, komm! laß Dich von mir begraben, dieweil die Menschen Dich nicht hier begraben wollen.“ Kurze Zeit nachher soll nun aus dessen Grab eine Fichte hervorgewachsen sein, die man heute noch sehen kann, und eine im Beinhaus ausgehängte Tafel vom Jahre 1737 deutet noch jetzt auf diese Begebenheit hin.
Auf dem Gottesacker zu Annaberg steht eine ungeheuere Linde, die 9¼ Ellen im Umfange und 3 Ellen im Durchmesser
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_439.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)