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510) Der Berggeist zu Annaberg.
Remigii Daemonolatria Th. II. S. 45.

In der Grube zum Rosenberg zu Annaberg ist ein böser Berggeist erschienen, der über zwölf Bergleute an ihrer Arbeit mit seinem Anhauchen getödtet und umgebracht, und darum ist dieselbe liegengeblieben und nicht ferner gebaut worden, ob sie gleich reich von Silber gewesen. Es hat aber den Athem aus dem Halse geblasen und ist in Gestalt eines Pferdes mit einem langen Halse und gräßlichen Augen erschienen.


511) Der Fallsüchtige in der Kirche zu Annaberg.
Poetisch beh. b. Ziehnert, Bd. III. S. 143 sq. S. a. Textor, hist. Bildersaal, B. IV. S. 141 sq.

Am 26. Juli des Jahres 1519 ward die St. Annenkirche in der Stadt Annaberg durch den Bischof von Meißen, Johann VI., geweiht und bei dieser Gelegenheit ereignete sich folgende wunderbare Begebenheit, welche durch ein, wahrscheinlich von L. Cranach gemaltes Bild, das sich am Grabmonumente L. Pflocks, eines reichen Bergherren, der bei diesem Vorgange zugegen war, befindet, noch heute im Andenken erhalten wird. Als nämlich die Procession, bei der sich auch Herzog Georg von Sachsen befand, an der Pforte der Kirche angelangt war und der Bischof sich anschickte, dieselbe zu weihen, sah er plötzlich einen zerlumpten Bettler, der sich in epileptischen Zuckungen auf der Erde herumwälzte, vor sich. Da erhob sich in der Seele des geistlichen Herrn der Verdacht, die Krankheit dieses Elenden sei nur eine verstellte und derselbe benutze dieselbe blos, um bei dem heutigen hohen Feste das Mitleid der Anwesenden zu erregen. Er hob also die Rechte zur Benediction, schlug ein Kreuz über den Bettler und sprach mit lauter erhobener Stimme: „Bist Du wirklich krank, so helfe Dir der Herr, verstellest Du Dich aber, so strafe er Dich!“ Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_444.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)