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554) Geist Mützchen.
Bechstein, Deutsches Sagenbuch S. 515.

Nicht weit von Freiberg ist ein Gehölz, das heißt der heimische Busch, und in demselben hauste vordem ein Kobold, den die Leute Mützchen nannten und damit an den bekannten Kobold Hütchen erinnerten. Geist Mützchen gehörte zu jenen gespenstigen Hockelmännchen, die sich den Reisenden und solchen Leuten, die im Walde Geschäfte hatten, aufhockten und sich weite Strecken tragen ließen, bis die Leute ganz abgemattet waren und fast odemlos umsanken. Wenn sie ihn nun fast nicht mehr tragen konnten, hüpfte er von ihrem Rücken plötzlich weg, schnellte auf einen Baum und schlug ein schmetterndes Gelächter auf. Dies arge Possenspiel trieb Geist Mützchen absonderlich im Jahre 1573 und sind viele Personen durch sein Aufhockeln krank geworden. Einst fand eine Butterhökin einen prächtigen Käse im heimischen Busch. Des Fundes froh und überrechnend, was sie dafür lösen werde, legte sie ihn in ihren Tragkorb, da wurde der Korb so schwer, so schwer, daß sie endlich von der Last niedergezogen ward und in die Knie sank und den Korb abwarf. Da rollte ein Mühlstein aus dem Korbe und in die Büsche, und aus den Büschen schaute Mützchen mit gellendem Gelächter, daher man auch von einem hell und grell Lachenden sagt: der lacht wie ein Kobold. Den Namen aber hatte Mützchen von seiner Nebelkappe, die ihn unsichtbar machte, und wenn er sie abthat, so sah man ihn, und dann setzte er sie oft plötzlich wieder auf und war im Nu verschwunden. Davon ist das Sprichwort entstanden, wenn Jemand etwas sucht und es an einem Orte gesehen zu haben glaubt und es doch nicht finden kann, daß man sagt: je da sitzt er und hat Mützchen auf! – nämlich der Zwerglein unsichtbar machendes Nebelkäppchen.


Vertiefung, das sogenannte Fegefeuer, worin sich immer ein Sausen vernehmen läßt. Mitten in der Kirche zeigen verschiedene feuchte, nie wegzuwischende Flecke eine menschliche Figur an: dort fiel einst bei einer theatralisch-religiösen Aufführung ein Mönch von der Decke herab. (s. Schumann, Lex. v. Sachsen Bd. IV. S. 551.)

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_493.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)