Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 550.jpg

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595) In der Nähe des jetzigen Johannesplatzes steht noch jetzt ein kleines Haus (Johannesstr. 20), darin wohnte früher ein Töpfer Namens F. Zu dem kam öfters des Tags und des Nachts ein kleines graues Männchen, wenn er allein war, und winkte ihm, als sollte er mitgehen. Allein der Töpfer hatte entweder keinen Muth oder war zu fromm, sich mit dem Männchen einzulassen, er wieß ihn stets zurück. Indessen starb der Mann und sein Sohn folgte ihm in seinem Geschäfte nach. Gleich kam das Männchen wieder zu ihm und der junge Mann folgte ihm denn auch eines schönen Tages in der Mitternachtsstunde. Nun befand sich aber damals an der Stelle des heutigen Johannesplatzes die böhmische Kirche und der um sie herum sich ziehende Kirchhof. Wenn man nun vom Pirnaischen Platze aus durch den Kirchhof nach der Neugasse zugehen wollte, blieb diese inzwischen ebenfalls abgetragene Kirche links, rechts aber vom Fußwege stand die lange sogenannte Rathsgruft. Das Männchen führte nun den Töpfer nach dieser hin, stieg hinab und winkte ihm zu folgen, der muthige Mann that es auch, und unten gab ihm das Männchen einen großen Topf voll Goldstücke und davon soll der Wohlstand der Familie F. sich noch heute herschreiben.

596) Auch über Gespenster auf dem Königstein ist noch einiges nachzutragen. Bekanntlich wurde in der Nähe der sogenannten Königsnase der Schwindler Baron Klettenberg i. J. 1720 geköpft. Bei dem diese Begebenheit heute noch an jener Stelle bezeichnenden Denkstein ist es Nachts nicht geheuer, da läßt sich der Geist dieses Mannes in der Tracht jener Zeit noch zuweilen sehen. Damit aber hat eine andere Erscheinung nichts zu schaffen, welche Viele beobachtet haben. Wenn man den sogenannten Luisenweg nach der Festung heraufkommt, da sieht man um Mitternacht vor derselben auf dem Plateau einen ungeheuer langen Mann in dunklem Mantel mit einem Schlapphute stehen und sich umsehen, derselbe zeigt sich auch in der in das Innere führenden Appareille und geht dann oben regelmäßig um die Kirche herum, worauf er verschwindet,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 550. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_550.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)