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§. 8.

Hier habe ich verschiedene Junkers und Fräuleins erzogen. Die benachbarten Edelleute erfuhren meine Geschicklichkeit, und thaten ihre Kinder bei meinem Herrn Principal in die Kost. Ich machte mich also eben so berühmt, als Melanchthon und Trotzendorf ehedem gewesen waren.

§. 9.

An Vermögen fehlt es mir nicht. Die Menschen, welche um mich sind, haben von Natur muntere Seelen. Alles lacht und scherzt. Nur mein gnädiger Patron hat manchmal ernsthaftere Gedanken; Fräulein Kunigunde lacht schon seit 30 Jahren nicht mehr: die andern aber sind desto lustiger. Die beständigen Abwechselungen machen, daß ich mich zeithero nach keiner Pfarrstelle gesehnt habe. Nur eins liegt mir im Kopfe: ich seufze nach Hanchen ihrer Gegenliebe. Der unempfindlichste Stoiker müßte bei dem Anblicke dieses reizenden Mädchens verliebt werden. Vielleicht

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 2. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1761, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_2.pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)