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etwas, das nicht ganz unbeträchtlich ist. Es ist mir allemal sehr angenehm, wenn ich mich mit Ihnen unterreden kann, es sey nun mündlich oder schriftlich. Ich habe verschiedene Entdeckungen gemacht, die ich Ihnen doch in der Geschwindigkeit mittheilen muß, wenn sie auch gleich nicht so gar wichtig sind. Ich bin jetzo ganz ruhig, mein Affekt hat sich geleget. Da ich meinen Brief fortgeschickt hatte, trat ich wieder vor den Spiegel, und that mir allen möglichen Zwang an, um eine philosophische Mine zu machen. Wenn ich nur die äußere Seite einmal in meiner Gewalt habe, und so scheinen kann, wie ich scheinen will; so bringe ich es hernach bald dahin, daß ich auch in der That so seyn kann, wie ich seyn will. Ich bildete wir ein, daß mein Vorhaben ziemlich gelungen wäre, und warf nun einen philosophischen Blick auf den fatalen Brief. Ich nahm mir vor, ihn nochmals mit kaltem Blute zu lesen. Ehe ich mich aber recht daran wagte, fing ich an, um mein Blut nicht wieder in Wallung zu bringen, ihn von außen eine zeitlang zu betrachten.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 2. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1761, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_2.pdf/275&oldid=- (Version vom 1.8.2018)