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nur anmerken, daß die alten Väter alle in Bärten abgemahlet werden. Es war in den alten Zeiten ein großer Schimpf, wenn ein Mann seines Bartes beraubet wurde oder wenn er gar keinen hatte, und kommt mir daher sehr glaublich vor, daß die, welchen die Natur diesen Schmuck versaget, sich künstliche Bärte ansetzen ließen, und sich damit schmückten, wie wir heut zu Tage mit den Perucken zu thun pflegen. Man hielt dieses Vorrecht der Männer für dem schönen Geschlecht in solchen Ehren, daß man den Bart mit Salben bestrich, oder wenn er im Alter grau wurde, solchen färbte. Die alten Philosophen suchten sich dadurch in besonderes Ansehen zu setzen. Wer den größten Bart unter ihnen besaß und den schlechtesten Mantel trug, bekam die meisten Zuhörer, eben so wie zu unsern Zeiten die Hörsäle am meisten angefüllet sind, wo die größte Perucke auf dem Catheder stolziret. Die alten Römer ließen den Bart stehen und eben so lange stund auch ihre Freiheit und die guten

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/183&oldid=- (Version vom 1.8.2018)