Seite:Grandison der Zweite 3.pdf/279

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Diese Leute sind um deswillen auch bey dem Frauenzimmer wohl gelitten, weil sie eben so schwatzhaft sind als die Schönen, und sich dahero vollkommen zu ihnen schicken, über dieses verehren sie das schöne Geschlecht aufs äußerste. Wenn alle Frauen Sklavinnen ihrer Männer sind, so sind die Frauen der Philosophen Königinnen. Sie dürfen es wagen die philosophische Gelassenheit ihrer Männer zu prüfen, ohne daher nachtheilige Folgen zu erwarten. Sokrates, einer der vortrefflichsten Weltweisen aus dem Alterthume, hatte eine solche Ehetirannin, die ihr Andenken durch ihre Bosheiten gegen ihren Herrn bis auf unsre Zeiten erhalten hat. Da sie einsmals diesen Weltweisen durch eine Ladung von Schmähreden zwang, sein Haus zu verlassen, und ihm noch darzu ein Geschirr voll unreines Wasser über den Hals goß, ließ dieser Weltweise hierüber keine andere Empfindlichkeit spühren, als daß er zu seinen Freunden sagte: ich dachte wohl, daß auf dieses Ungewitter ein Platzregen folgen würde.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/279&oldid=- (Version vom 1.8.2018)