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Kapitel 23.

Die Gnadenfrist.

Die Gnadenfrist für Norwegen dauerte also nur ein Jahr. Gretter wollte dieses Jahr benutzen zu einem Besuch bei seinem Bruder Thorstein Drommund auf Tunsberg.

Auf dem Wege dorthin kam er nach Jadar zu einem Bauer, Namens Einar, einem schlichten aber wohlhabenden Manne. Im Hause dort lebte eine einzige Tochter, Namens Gyrid. Sie war hübsch, heiratsfähig, und als eine gute Partie allgemein bekannt.

Gretter wurde als Reisender nach Landessitte hier gastlich aufgenommen, erwarb sich Einar’s Wohlwollen und wurde von ihm gebeten, längere Zeit, womöglich bis zum Weihnachtsfeste, zu bleiben.

Gretter schlug in die dargebotene Hand ein, und sollte Gelegenheit finden, hier sich nützlich genug zu machen.

Bereits aus der Darstellung des siebenten Kapitels wissen wir, daß die Sicherheit der zerstreut liegenden Höfe in Norwegen damals sehr bedroht wurde durch umherstreifende Räuberbanden, welche unter der Anführung von Berserkern die Niederlassungen der Bauern am hellen Tage überfielen, um, nach dem Recht des Stärkeren, erbeutetes Gut, namentlich aber Weiber, mit sich fortzuschleppen.

Thorfins Hof auf der Haramsinsel war einmal um die Weihnachtszeit in Abwesenheit des Hausherrn von diesen wüsten Gesellen überfallen und nur, Dank der Klugheit und Tapferkeit Gretters, vor Ausraubung und Beschimpfung bewahrt worden.

Denselben Dienst sollte Gretter hier wieder seinem Gastfreunde Einar leisten.

Ebenfalls in den Weihnachtstagen sprengte auf den Hof des Einar eine bewaffnete Räuberschar unter Anführung eines Berserkers, der sich Snaekoll nannte. Er hatte einen Helm auf dem Kopfe und einen großen eisenbeschlagenen Schild am Arme. Er trat sehr frech auf und forderte von dem Hausherrn entweder die Auslieferung seiner Tochter Gyrid, oder den Zweikampf mit ihm.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/122&oldid=- (Version vom 1.8.2018)