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„Das soll mich nicht hindern, dir als Freund zu dienen,“ versicherte Grim.

„Ich weiß, du bist brav und treu,“ schloß Gretter.

„Später werde ich deiner Hülfe wohl bedürfen.“

Gretter schwang sich nun in den Sattel. Er mußte den Felsenrücken Tvidaegra überschreiten, um nach dem Nordlande zu kommen.

Spät Nachts erst traf er auf Bjarg ein, als schon alles schlief.

Er kannte genau die Einrichtung seines väterlichen Hofes, und wußte auch, welche Thüren zur Nachtzeit offen standen.

Noch heute verschließt man in Norwegen des Nachts die Hausthür nicht, selbst nicht in den Städten. Und wenn man sie verschließt, so geschieht das, nicht gegen Räuber und Diebe, sondern gegen Schnee und gegen die Stürme.

Gretter trat in das Schlafhaus ein, wo Herrschaft und Gesinde gemeinsam schliefen.

Nur für diesen Zweck, als ein gesondertes Gebäude, errichtet war das Schlafhaus, wie die Halle, bis in das Dach hinauf vertäfelt. Zwei Säulenreihen, welche das Gebälk trugen, teilten den weiten Raum in drei Schiffe. Das Mittelschiff blieb frei als Gang. Die beiden Seitenschiffe waren in einzelne Verschläge durch Scheidewände, von etwas über Manneshöhe, abgeteilt.

Diese Scheidewände waren bald aus Brettern gezimmert, bald durch ausgespannte Teppiche hergestellt. In solchen kastenartigen Verschlägen schliefen Knechte und Mägde, nach Geschlechtern getrennt, meist ohne Betten, nur auf Heu oder Stroh; manche in Schlafsäcken, manche nur mit einem Fell, oder mit einem Mantel zugedeckt.

Die Herrschaft und die vornehmeren Gäste dagegen schliefen im Hintergrunde desselben Schlafhauses auf erhöhter Estrade, gleichfalls in abgetrennten Kammern, jedoch in schön hergerichteten Betten, zu denen die Federn der vorzüglichen Eidergans das Material lieferten.

Die obere Luftschicht des weiten Raumes war allen Schläfern gemeinsam, und Öffnungen[1] im Dach sorgten ausgiebig für beständige Lufterneuerung.

So war das Schlafhaus auf Island ein praktisch eingerichteter, großer, allen Regeln der Gesundheit wohl entsprechender Raum.

Gretter trat in das Schlafhaus auf Bjarg ein und tastete sich im Dunkeln durch den Mittelgang hinauf bis zur Estrade.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Offnungen
Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)