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Thorbjoern hielt nun den Schild vor sich, und zog das Schwert.

So schritt er zum Angriff gegen Gretter vor.

Dieser hatte zur Verteidigung nur sein kurzes Schwert.

Arnor suchte, wie sein Vater ihn geheißen, den Gretter zu umgehen, und hinter seinen Rücken zu kommen.

Doch Gretter bemerkte das und hieb, zunächst nur mit flacher Klinge, nach des Knaben Kopf, den er zu töten nicht die Absicht hatte. Aber der Schlag war doch so wuchtig, daß der Schädel davon barst und der Junge tot zu Boden fiel. Jetzt stürzte Thorbjoern mit aller Wucht sich auf Gretter und hieb nach ihm. Gretter fing den Hieb mit seinem linken Arme auf, den der Schild deckte. Gleichzeitig führte Gretter’s rechte Faust einen so wuchtigen Schwertschlag gegen Thorbjoerns Schild, daß die Schwertschneide den Schild des Gegners durchschlug, und selbst in Thorbjoerns vorgebeugtem Kopf so tief eindrang, daß das Hirn durchschnitten wurde.

Der Schwergetroffene stürzte zur Erde, zum Tode wund.

Gretter wischte nun seine bluttriefende Klinge am Heubündel ab, und stieß sie in die Scheide.

Sein Werk der Rache war hier gethan. Da lag hingestreckt der Mörder seines Bruders Atle an der Seite seines Knaben.

Er suchte nun auf der Wiese nach seinem silberbeschlagenen Spieß; konnte ihn aber im Grase nicht finden. Drauf ging er zu seinem Pferde und bestieg es. Nach isländischem Rechte mußte, wer einen Mann erschlagen hatte, sofort nach der That bei den Hausgenossen des Getöteten sich melden, und selbst das Geschehene anzeigen. Dadurch wurde die Tötung eine ehrliche Sache. Unterblieb diese Anzeige, so galt die That als gemeiner Mord.

Gretter ritt also hinab zu Thorbjoerns Hof, und bekannte sich dort selbst als den, welcher den Hausherrn samt seinem Sohne im Kampfe erschlagen habe.

Das Weib auf der Wiese, welches, hinter Heubündeln versteckt, dem Kampfe der Männer zugesehen hatte, holte nun Leute herbei, und sie schafften die Leichname nach Hause. Thorodd Drapastuf war der Bruder des Erschlagenen, und übernahm, nach der Leichenschau, die Pflicht der Blutrache.

Gretter aber ritt nach Hause.

Als er auf Bjarg eintraf, ging er sofort zu seiner Mutter und sagte: „Mutter, dein Sohn Atle ist gerächt! – Sein Mörder Thorbjoern samt seinem Kinde liegen, erschlagen von dieser meiner Hand, auf der Wiese!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)