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Auf Bjarg waren viele Leute versammelt. Man war auf sein Kommen und auf einen etwaigen Angriff gefaßt.

Asdis empfing selbst den Thorodd Drapastuf, und sagte zu ihm:

„Gretter ist nicht zur Stelle! – Wäre er hier, ich würde es nicht leugnen! – Er ist fortgeritten! – Zu dem, dünkt mich, habt ihr wenig Grund zum Zürnen. Denn Gretter that nur seine Pflicht. Er hat seinen Bruder Atle gerächt, den Thorbjoern hier auf seiner Hausschwelle erschlug. Thorbjoern empfing zurück, was er uns selber angethan hat. Ich denke, wir sind quitt, und ihr könnt zufrieden sein! Ich wenigstens, um deren Trauer sich niemand von euch bisher gekümmert hat, bin mit diesem Schlusse der Sache sehr zufrieden!“ – –

Mit solchem Bescheide ritt Thorodd Drapastuf davon.

Das Forschen nach dem Aufenthalte des Gretter setzte Thorodd eifrig fort, und erfuhr endlich, daß er in Ljaskogar sich aufhalte.

Sofort sammelte er ein starkes Gefolge, um dahin aufzubrechen.

Gamle, Gretters Schwager auf Melar, erfuhr von dieser Kriegsabsicht, und benachrichtete durch Eilboten Gretter und seinen Wirt Thorstein Kuggasohn.

Beide ratschlagten, was nun zu thun sei, und einigten sich dahin, diesen Angriff hier nicht abzuwarten; vielmehr riet Thorstein:

„Geh’ zu Snorre[1], dem Goden, und bitte ihn um seinen Beistand. Der verfügt über mehr Leute als ich, und kann dich gegen Thorodd Drapastuf wirksamer unterstützen.“

Gretter beschloß, diesen Rat zu befolgen.

Snorre wohnte auf seinem Hofe Tunga, nur wenige Meilen nordwärts.

Er empfing den Gretter wohlwollend; aber lehnte es ab, ihn als Wintergast zu herbergen.

„Ich bin jetzt alt,“ sagte er, „und mag geächtete Leute, denen Streit und Krieg auf dem Fuße folgen, nicht gerne bei mir haben. Kann ich dagegen mit meinem Wort auf dem Thing dir helfen, dann werde ich es zu deinen Gunsten in die Wagschale legen; den Aufenthalt aber mußt du dir wo anders suchen!“

So trennten sie sich.

Gretter ging nun noch weiter nach Norden und zog sich auf jene Halbinsel[2] zurück, welche, eingeschnürt vom Breyda[3][4]- und Hunafjord[5], nur durch einen schmalen Landarm mit dem übrigen Island zusammenhängt. Hier streifte er hinauf bis nach Reykjanes[6]. –


Anmerkungen (Wikisource)

  1. isl. Snorri Þorgrímsson (vgl. Snorri Goði)
  2. Gemeint sind die Westfjorde.
  3. Vorlage: Bryda
  4. isl. Breiðafjörður
  5. isl. Húnafjörður (Gemeint ist wahrscheinlich der Húnaflói, in dem der Húnafjörður liegt)
  6. Gemeint ist Reykjanes im Breiðafjörður.


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)