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Kapitel 30.

Falsche Kameraden.

Gretter begab sich auf die Arnarvatnsheide. Es war dies eine mit Moos und Kräutern bestandene Hochebene, auf welcher die Quellen der Flüsse sich sammelten, welche durch das Vatnsthal und das Midfjordthal dem Hunafjord in reichen Kaskaden zuströmten. Im Rücken dieser Heide, nach Süden zu, reckten sich die schneebedeckten Spitzen des Balljoekull in die Höhe. Nach Norden hin öffnete sich der Blick über eine in Stufen abfallende, fruchtbare Alpenlandschaft, von herrlichen Thälern durchschnitten. Am Horizonte blitzte auf der Spiegel des blauen Meeres.

Ein Binnensee von ziemlicher Ausdehnung, der Fiskevatn, lag auf dieser Heide, und barg, wie sein Name anzeigt, einen großen Reichtum an Fischen. In der Nähe dieses fischreichen Wassers baute sich Gretter eine Hütte, deren Reste noch heute gezeigt werden.

Um sich in den Stand zu setzen, leben zu können, verschaffte er sich ein Bot und Netze, und fing Fische zu seiner Nahrung; denn er wollte um keinen Preis mehr vom Straßenraube leben.

Er fügte sich willig allen Entbehrungen, welche solche Lebensweise mit sich brachte; aber eins konnte er nicht ertragen, das Alleinsein. Es wurden jetzt die Tage wieder kürzer, und die Nächte länger. Da ergriff ihn die Dunkelscheu mit all ihren Qualen. Die rollenden Augen des Glam, auf dessen Brust er einst in jener Nacht zu Thorhallstaetten gekniet hatte, glotzten ihn aus jeder finsteren Ecke furchtbar an, und es ergriff ihn dann eine namenlose Angst, und eine tiefe Sehnsucht nach irgend einem menschlichen Wesen, an dessen Seite er sich setzen, dessen Atemzüge er spüren, dessen fühlendes Herz ihm Teilnahme zeigen konnte. Die übrigen Waldgangsmänner, so wurden die Geächteten genannt, erfuhren es bald, daß Gretter dort auf der Heide am Fischsee sich niedergelassen hatte, und bekamen Lust ihn aufzusuchen; denn sie hofften, eine kräftige Stütze, in ihrem unsteten Leben, an diesem starken Manne zu finden. Unter diesen Besuchern befand sich auch ein gewisser Grim, aus dem Nordlande stammend, und gleichfalls geächtet; der bot sich ihm besonders dringend zum Gefährten an.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)