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Sie maßen und übten ihre Kräfte im Ringkampf, sie schwammen gemeinsam den Hitarfluß hinab bis zum Meere, sie bauten in diesen Fluß hinein einen steinernen Deich gegen die Stauwasser. Dieser Deich steht noch heute unerschüttert.

Gretter verlebte auf solche Weise einen ganzen Winter auf dem Fagraskogarfelsen, ohne daß jemand ihn angriff, obwohl er selbst Angriffe genug machte. Die Bauern der Umgegend spürten es, daß ein schlimmer Gast da oben eingezogen sei. Bjoerns Leute wurden geschont, wie das ausgemacht war, aber Thord’s Leute kamen dafür um so schlechter fort.

Dieser Thord Kolbeinsohn war ein Häuptling wie Bjoern, lag aber mit diesem seit geraumer Zeit in Fehde.

Darum sah es Bjoern nicht ungern, wenn Thord’s Bauern durch Gretter gezwungen wurden, wider Willen diesen zu verproviantieren. Doch der Zorn gegen Gretter, welcher bei diesen Leuten zusehends wuchs, konnte nicht zur That ausbrechen, weil Gretters Felsennest uneinnehmbar, und sein nächster Nachbar sein Verbündeter war! – –

Im Spätsommer dieses Jahres lief ein Handelsschiff in den Borgarfjord ein, dessen Besitzer und Führer Gisle war, Thorsteins Sohn, ein Isländer. Er war stark und reich, aber sehr eitel. Er kleidete sich stets prächtig, trug die schönsten Waffen, und liebte es, viel Wind um sich her zu machen.

Thord Kolbeinsohn war sein Freund, machte einen Besuch auf seinem Schiffe, plauderte mit ihm, betrachtete die mitgebrachten Waren, und suchte dieses und jenes davon für sich aus.

„Du hast Ungelegenheiten,“ begann Gisle, „mit einem Waldgangsmann, wie ich höre!“ –

„Ja, dem ist so! Gretter der Starke hat sich in einem Felsen in unserer Nachbarschaft einquartiert, und beraubt meine Bauern, ich vermute, aufgestachelt von Bjoern, der wie du weißt, von Alters her, mein Feind ist!“ –

„Mit Bjoern hast du noch immer nicht abgerechnet?“ – rief Gisle erstaunt.

„Ja, dann begreif ich es, daß du selbst mit einem einzelnen Vagabunden nicht fertig werden kannst!“ –

„Oho,“ brauste Thord auf, „nicht fertig werden?!“ „Da haben schon ganz andere Kerle, wie ich, an diesem Gretter sich den Schädel gebrochen!“

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)