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Beide wandten sich, und grüßten den eintretenden Gretter wie einen alten Bekannten.

„Ich komme, wie du mir erlaubt hast, und suche dein Dach,“ sagte Gretter.

„Drei Jahre sind verstrichen,“ erwiderte Hallmund, „daß wir hier uns trennten; zu lange für unseren Wunsch, dich wieder zu sehen! – Sei willkommen!“ –

Auch die Reifriesin trat herzu, und legte ihre Hand in die des Gastes.

Dem Gretter that dieser freundliche Empfang wohl. Er vergaß, daß es Wesen anderer Art, Wesen nicht von seinem Fleisch und Bein waren, die ihn so herzlich an sich zogen.

Nach genommener Abendkost erzählte Gretter von seinen Erlebnissen in der Myraharde, und er fand aufmerksame Zuhörer, welche zu der Züchtigung des Gisle lachten, und seinem Siege bei Grettersodde ihren Beifall nicht versagten.

Dann streckte er sich auf das Lager nieder, das schon einmal seine Wunden heilen sah. Die Quellen, welche von dem Hochgebirge zu Thale stiegen, sangen ihm das Abendlied, und die reine Luft der Berge würzte seinen Schlaf.

Den nächsten Morgen erhob er sich froh und gestärkt. Es begann nun eine Zeit des Friedens für ihn, die ihm wohlthat. Er hatte hier nicht nötig, den Tagesbedarf sich zusammen zu schleppen, und dann selbst herzurüsten, was den Forderungen des knurrenden Magens eben nur genügte. Hier sorgte wieder, wie daheim in seiner Jugendzeit, eine freundliche und geschickte Frauenhand für seine Bequemlichkeit. Hier brauchte er nicht auf dem Lugaus zu liegen, und ringsum zu spähen, ob Feinde nahten. Hier auf diesen Bergeshöhen, die dem Himmel so nahe, dem Streit der Menschen so entrückt lagen, wohnte der Friede.

Es vergingen die Sommermonate rasch, und der Herbst brach an. Die früh in das Meer hinabsinkende Sonne kürzte wieder die Tage, und die Felsenstirnen der Berge tauchten sich wieder tiefer in die dichten Herbstnebel.

Gretter zog es mit Macht hin zu den wärmeren Thälern der Menschen.

Als er diesen Wunsch offen aussprach, lachte die Reifriesin, und sagte: „Ja, ihr Menschen seid doch anders geartet, als wir. Ihr

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Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/186&oldid=- (Version vom 1.8.2018)